Gorleben: Nach einem Jahr endlich Zugang zu den Informationen

akteneinsichtBfS mache alle Schritte mehr als transparent

Erinnert sei an den Auftritt des BfS in der Sitzung der Endlagerkommission am 03.07.2015. Damals wurde im Zusammenhang mit der wiederholten Frage von Herrn Thomauske zur Verschlechterung der sicherheitlichen Situation bei der Offenhaltung des Bergwerks Gorleben behauptet, das BfS mache alle Schritte mehr als transparent und die Informationen könne man auf der Internetseite nachlesen.

Doppelte Falschaussage

Dies traf nicht zu. Alle zwei Behauptungen entsprachen nicht den Tatsachen, siehe auch Beiträge

Ein Jahr verspätet stehen Unterlagen endlich zur Verfügung

Jetzt endlich – nach einem Jahr – können die wesentlichen Unterlagen auf der BfS-Site nachgeschlagen werden, siehe hier. Die ehrliche Antwort einer wissenschaftlich-technischen Bundesoberbehörde hätte am 03.07.2015 in etwa folgendermaßen lauten müssen:

Das BfS hat zur Entscheidung im politisch-administrativen Umfeld diverse Studien erstellt, von denen aber lediglich die am Unverfänglichste im Internet zur Verfügung steht. Alle anderen werden noch unter Verschluss gehalten. Insbesondere im Hinblick auf die Frage von Herrn Thomauske ist ein fachliches Defizit zu verzeichnen, denn notwendige gebirgsmechanische Modellrechnungen wurden noch nicht durchgeführt. Dieses Defizit ist umgehend zu beheben.

Nachfrage nach Umweltinformationsgesetz und Widerspruchsverfahren

Wie kommt es, dass nach einem Jahr die Informationen zur Verfügung gestellt werden? Nachfragen nach UIG gab es sowohl beim BfS als auch beim BMUB, diese wurden aber beide auf der Grundlage von § 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG abgelehnt. Der daraufhin eingelegte Widerspruch wurde trotz mehrere Mahnungen bis heute nicht entschieden.

Akteneinsicht nach § 29 VwVfG

Da half auch ein Antrag auf Akteneinsicht nach § 29 VwVfG in die Unterlagen zum Widerspruchsverfahren nicht weiter. In sichtliche Bewegung kam die Sache erst durch die Androhung vom 20.06.2016 seitens endlagerdialog.de, die Akten am 29.06.2016 einsehen zu wollen. Das BfS antwortete prompt:

Aufgrund der aufwändigen Vorbereitung muss ich Ihnen leider mitteilen, dass die Akten bis zum 29.06.2016 nicht zusammengestellt werden können.

Interne rechtliche Stellungnahme: Ablehnung des Antrags nach UIG war sehr fraglich

Die Akteneinsicht nach VwVfG fand dann am 15.07.2016 in Salzgitter statt. Interessant war eine interne rechtliche Stellungnahme vom 25.01.2016. Danach war schon die Ablehnung des Antrags nach UIG sehr fraglich:

Nicht unter den Ausschlussgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG fallen Unterlagen, die Zwischenfassungen darstellen und denen ein eigenständiger Informationswert zukommt mit der Folge, dass diese trotz Fortschreibung als abgeschlossen einzuordnen sind (siehe ebd.). Die Unterlage „Bergwerk Gorleben – Kriterien basierte Betrachtung von Varianten als eine Diskussionsgrundlage für die Entscheidung zu einem Offenhaltungsbetrieb“ mit Stand vom 30.04.2014 (SE 3 9GE 2321/03#0003/004) stellt danach eine abgeschlossene Zwischenfassung dar. Sie gibt den momentanen Status quo wieder und ist für sich in der jetzigen Fassung gegenwärtig abgeschlossen. Ein späteres Anpassen der Unterlage an zukünftige Geschehnisse und Gegebenheiten steht dieser Annahme nicht entgegen (vgl. BVerwG. Az 4 C 13/07).

Vermutungen zur UIG-Ablehnung und Nichtbescheidung des Widerspruchsverfahrens

Offensichtlich sollten die Ablehnung des UIG-Antrags und die Nichtbescheidung des Widerspruchs dazu dienen, dass das Defizit der politischen Entscheidung zur Offenhaltungsvariante ausgeglichen werden konnte. Die gebirgsmechanischen Modellberechnungen wurden abgeschlossen und erbrachten das gewünschte (?) Ergebnis. Die Akteneinsicht konnte am 29.06.2016 nicht stattfinden, da die Unterlagen erst auf der BfS-Internetsite veröffentlicht werden sollten. Diese sind jetzt mit 01.07.2016 datiert. Ob das auch den Tatsachen entspricht, kann nicht ohne Weiteres nachgeprüft werden.

Fazit – Propaganda und selbsthinterfragendes System

Es ist schon eigentümlich, dass in der Sitzung der Endlagerkommission sich das BfS nicht als wissenschaftlich-technische Bundesoberbehörde präsentierte, sondern politisch orientierte Propaganda (Begriff entsprechend komparativer Definition von Werbung/Public Relations/Propaganda nach Fröhlich) kombiniert mit einer guten Portion Verlogenheit betrieb. Es fällt schwer zu glauben, dass die Endlagerfrage demnächst in einem selbsthinterfragenden Institutionensystem bearbeitet werden soll, so jedenfalls die Vorstellungen der Endlagerkommission. Wo soll die Ehrlichkeit herkommen, wenn die neuen Institutionen BGE (Bundes-Gesellschaft für kerntechnische Entsorgung) in Peine mit ehemaligen MitarbeiterInnen der DBE, der Asse-GmbH und des BfS und das BfE (Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit) in Berlin und Salzgitter ebenfalls mit ehemaligen MitarbeiterInnen des BfS und die alte Institution BMUB ohne personelle Änderungen die neue Organisationsstruktur darstellen? Man kann nur gespannt sein, wer GeschäftsführerIn der BGE und wer PräsidentIn des BfE werden? Wird das das Blatt wenden?

Ein Gedanke zu „Gorleben: Nach einem Jahr endlich Zugang zu den Informationen

  1. Die Verlogenheit hat gesiegt
    Nun ist es amtlich: Mit der Presseerklärung Nr. 184/16 hat das BMUB bekannt gegeben, dass Wolfram König Präsident des BfE (Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit) wird. Das deutete sich bereits bei der Anhörung in der Endlagerkommission vom 3.11.2014 zur Evaluierung des StandAG an, wo Herr König entgegen seinen früheren schriftlichen Äußerungen eine 180-Grad-Wende machte. Siehe auch Frag den Staat.

    Auf der Grundlage der Äußerungen am 3.7.2015 in der Kommission kann man nur zum Schluss kommen, dass die Verlogenheit offensichtlich gesiegt hat. Andere würden statt Verlogenheit den Begriff Taktik benutzen.

    Das ändert aber nichts daran, dass die Endlagersuche in dieser Weise nicht zügig zu einem tragfähigen Ergebnis führen wird.
    Schade!

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