Rechtliche Stimmungsmache des BaSE?

Zeitschriftenartikel zur Partizipation unter Pandemiebedingungen

In der Zeitschrift für Neues Energierecht ist ein Artikel (ab Seite 5 in der PDF) zu der öffentlichen Forderung nach einem Moratorium bei der Endlagerstandortsuche und insbesondere nach Verschiebung der Fachkonferenz Teilgebiete erschienen. Der Titel lautet Partizipation? Auch während „Corona“!

Autor ist Referent am BaSE

Der Autor Florian Emanuel, seit März 2020 Referent im BaSE, betont, dass der Beitrag ausschließlich seine persönlichen Ansichten darstelle. Kritisch macht jedoch die Tatsache, dass sein Ergebnis 100prozentig mit der Haltung des BaSE übereinstimmt.

Falschdarstellung der Moratoriumsforderung

Das in der Öffentlichkeit geforderte Moratorium wird wie folgt dargestellt:

Einzelne nichtstaatliche Akteurinnen und Akteure fordern, dass das BASE seine Tätigkeiten im Bereich der Beteiligung der Öffentlichkeit an der Endlagersuche zeitlich aussetzt und dass die Fachkonferenz Teilgebiete verschoben wird.

Daraus wird richtig gefolgert:

Ein Moratorium hätte zur Folge, dass die Informationsasymmetrie zwischen Öffentlichkeit und Vorhabenträgerin mit zunehmender Zeit zunehmen würde. Ein Moratorium im Informationshandeln der beteiligten Akteurinnen und Akteure stellt damit einen sehr schwerwiegenden Eingriff in die aus den Grundrechten abgeleitete Rechtsposition der Beteiligung der Öffentlichkeit dar. Dabei ist die Verhältnismäßigkeit eines solchen Eingriffs nicht gegeben.

Dabei wird ausgeblendet, dass die Forderung nach einem Moratorium auch beinhaltete, dass die BGE mit der Arbeit bei der Standortauswahl ebenfalls pausiert. Insofern beruht der Schluss, dass die Informationsasymmetrie mit der Zeit zunehmen würde, auf einer falschen Darstellung der Moratoriumsforderung. Ebenfalls wird nicht berücksichtigt, dass durch das Versäumnis, rechtzeitig ein Geologiedatengesetz zu verabschieden, zurzeit eine Nachvollziehbarkeit der Arbeit der BGE wegen fehlender Rohdaten nicht gegeben ist.

Und das Planungssicherstellungsgesetz?

Interessant wird die Passage, wo es um das Planungssicherstellungsgesetz geht. Hier wird richtig festgestellt:

§ 1 des Planungssicherstellungsgesetzes formuliert seinen Anwendungsbereich in positiver Aufzählung. Das Standortauswahlverfahren ist dabei nicht genannt. Somit ist das Gesetz zwar auf das Standortauswahlverfahren nicht anwendbar.

Eher aus der Luft gegriffen folgt dann:

Der Wesensgehalt der Begründung lässt sich jedoch übernehmen, denn das Standortauswahlverfahren ermöglicht – ebenso wie die §§ 1, 5 PlanSiG – als lernendes Verfahren einen hohen Grad von Ermessen in Bezug auf die Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung. Das geforderte Moratorium ist jedenfalls nicht erforderlich.

Blick in die Begründung des Planungssicherstellungsgesetzes

Der Blick in die angeführte Begründung zum Gesetz (Drucksache 19/18965) ist erschreckend, weil Begrifflichkeiten wie Online-Konsultation, Telefon– und Videokonferenz weder begrifflich geklärt noch technisch untersetzt werden. Erläutert wird nicht, dass bestimmte Beteiligte wegen nicht vorhandener Technik oder Netzanbindung in Ausübung ihres Beteiligungsrechts behindert werden. Interessant ist der Satz:

Die Online-Konsultation ersetzt den mündlichen Austausch durch Stellungnahme und Gegenstellungnahme zu dem zu erörternden Sachverhalt.

Wie muss eine solche Online-Konsultation aussehen? Welche technischen Gegebenheiten müssen erfüllt sein? Warum muss das online geschehen, warum nicht im Briefwechsel mit Stellungnahme, Gegenstellungnahme, Stellungnahme zur Gegenstellungnahme etc.?

Am Schluss Euphorie

Am Ende des Artikels bricht subjektive Euphorie durch:

Im System des Standortauswahlgesetzes denkbar ist hingegen die Dynamisierung von Beteiligungskonzepten unter Einschluss von hybriden und digitalen Varianten. Ein solcher moderner Ansatz bietet zusätzliche Vorteile: So gelten für hybride Veranstaltungen bei ausreichender Serverkapazität kaum Beschränkungen in der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Diese könnten sich ohne großen Reiseaufwand (Reisezeitverlust, Reisekosten) nach Interesse zuschalten und von zu Hause partizipieren. Mit einer um hybride Teilnahmemöglichkeiten erweiterten Fachkonferenz Teilgebiete und den aus den gesetzlichen Vorgaben hervorgegangenen „Prinzipien zur Organisation der Fachkonferenz Teilgebiete hat das BASE ein gutes Format gefunden, um den beschriebenen Herausforderungen adäquat Rechnung zu tragen.

Die Erfahrung lehrt Besseres

Die gesammelte Erfahrung am 17./18.10.2020 unter der evervote-Knute zeigte deutlich, wo insbesondere das BaSE bei der technischen Durchdringung solcher Formate steht, gepaart mit der mangelnden Netzinfrastruktur in Deutschland. Von-zu-Hause-Partizipieren ging bei praktisch allen Bürger*innen nicht, Stellungnahmen waren technisch weitgehend ausgeschlossen. Nicht einmal das informative Verfolgen war gewährleistet.

Ersatz der Erörterung ist illegal

Doch zurück zur Nichtanwendbarkeit des Planungssicherstellungsgesetzes auf das StandAG und damit auf die Fachkonferenz Teilgebiete. Schlechterdings ist der Ersatz der nach § 9 Abs. 2 StandAG vorgeschrieben Erörterung des Zwischenberichts illegal, solange die gesetzlichen Grundlagen nicht durch Novellierung verändert werden.

Die drei Stufen der Beteiligung

Interessant ist dennoch die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Tiefen der Beteiligung. Es wird unterschieden zwischen

  • Beteiligung als Transparenz und Information,
  • Beteiligung als eine Form der Kontrolle der staatlichen Verwaltung und schließlich
  • Beteiligung als Mitgestaltung bei Mitverantwortung mit der größtmöglichen Ausprägung in der Mitentscheidung von Bürger*innen über ein Vetorecht.

Vetorecht und Beteiligungsbereitschaft

Hier passt die These von .ausgestrahlt hin, wonach ein verwehrtes Vetorecht die Gefahr mit sich bringt, dass es später zu massiven Protesten und Verhinderung des Vorhabens führt. Da steht das StandAG wesentlich schlechter da als die Empfehlung des AkEnd, der die sogenannte Beteiligungsbereitschaft im Fokus hatte.

Besitzverhältnisse und Wortmarke

Anzumerken ist, dass betont wird, dass die BGE zu 100 Prozent Eigentum des Bundes ist. Das war die DBE vor der Privatisierung auch. Weiterhin wird der Begriff Webinar® benutzt, ohne darauf hinzuweisen, dass er seit 2003 eine eingetragene Wortmarke der Webinar Ltd. Co. KG ist.

Ein Gedanke zu „Rechtliche Stimmungsmache des BaSE?

  1. >>Daraus wird richtig gefolgert:

    Ein Moratorium hätte zur Folge, dass die Informationsasymmetrie zwischen Öffentlichkeit und Vorhabenträgerin mit zunehmender Zeit zunehmen würde. Ein Moratorium im Informationshandeln der beteiligten Akteurinnen und Akteure stellt damit einen sehr schwerwiegenden Eingriff in die aus den Grundrechten abgeleitete Rechtsposition der Beteiligung der Öffentlichkeit dar. Dabei ist die Verhältnismäßigkeit eines solchen Eingriffs nicht gegeben.

    Dabei wird ausgeblendet, dass die Forderung nach einem Moratorium auch beinhaltete, dass die BGE mit der Arbeit bei der Standortauswahl ebenfalls pausiert.<<

    Nein … also erstmal geht es im Artikel von Emanuel nicht um ein Pausieren der Standortsuche, sondern nur um ein Pausieren der Öffentlichkeitsbeteiligung, denn nur letzteres ist von der Covid-19-Pandemie betroffen. Zweitens leuchtet nicht ein, dass eine Verschiebung der Konferenz um ein paar Monate sofort unverhältnismäßig wäre. Einer zunehmenden Informations-Asymmetrie kann mit anderen Mitteln begegnet werden, des weiteren ist es absolut unsinnig, die Fachkonferenz auf Informationen basieren zu lassen, die für die anstehende Entscheidung, auf die die Fachkonferenz Einfluss haben soll, kaum relevant sind. Hier besteht die viel gewichtigere Asymmetrie: Wenn die BGE ihre Standortempfehlungen zur obertägigen Erkundung berät, sind die Informationen, auf denen der Abschlussbericht der Fachkonferenz basiert, veraltet.
    Die Covid-19-Pandemie lässt voraussichtlich im Februar keine Hybridveranstaltung mit hunderten Teilnehmern vor Ort zu. Die Probleme einer reinen Online-Veranstaltung sind zu Genüge beschrieben worden. Daher sollte eine Verschiebung der Fachkonferenz durchaus in Erwägung gezogen werden, sodass zumindest ein Teil der Teilnehmer lokal anwesend sein kann.

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