NBG: Akteneinsicht und Paradigmenwechsel

Fahrt nach Peine wegen zwei Stunden Sitzung

Die 59. Sitzung des NBG fand am 15.02.2022 in Peine statt. Ein Live-Streaming und eine Video-Aufzeichnung waren nicht vorgesehen. Um die Sitzung zu verfolgen, war eine Fahrt nach Peine unumgänglich. Bei der Anmeldung wurde noch eine Sitzung von 10 bis 17 Uhr in Aussicht gestellt, was dann aber bei der Veröffentlichung der Tagesordnung auf 14 bis 16 Uhr massiv reduziert wurde. Hier zeigt sich wieder der Trend, dass der größte Teil der Diskussionen inzwischen hinter verschlossenen Türen stattfindet und die Öffentlichkeit kurz abgespeist wird. Transparenz war gestern.

Akteneinsicht bei der BGE durch einige NBG-Mitglieder am Vortag

Am Vortag haben einige NBG-Mitglieder bei der BGE Akten eingesehen. Unter TOP 1 der öffentlichen Sitzung sind dann einige Aspekte aus dieser Einsicht mit der BGE diskutiert worden. Eingesehen wurden laut Pressemitteilung vom 16.02.2022 folgende Vorgänge:

  1. Dokumentation des Austauschs mit den Autoren der SicherheitsVO (vgl. Quartalsbericht III/2021)
  2. Dokumentation der bisher geführten Fachgespräche und Workshops mit der Entsorgungskommission (ESK) seit 09/2020
  3. Dokumentationen der Fachgespräche und Workshops mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Endlagerforschung (DAEF) seit 09/2020
  4. Dokumentation der Fachgespräche und Workshops mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) seit 09/2020
  5. Dokumente der Inhouse Workshops zu Schritt 2 der Phase 1
  6. Dokumentation des Treffens mit den Staatlichen Geologischen Diensten am 8. Dezember 2021 (Protokoll, Präsentation, ggf. weitere Unterlagen – GZ SG01201/3/42-2021#1-XX)
  7. Dokumentation der Umsetzung der Leitlinie der ESK zum Sicherheitsmanagement in Endlagerorganisationen
  8. Dokumentation der Ausschreibung und Vergabe des Projektes „Einfluss zyklischer Vergletscherungen auf Salzstrukturen als potenzielle Endlagerstandorte“ an die Firma SmartTectonics

Akteneinsicht bei der BGE steht jeder Bürger*in zu

Herr Kanitz von der BGE bezeichnete die Akteneinsicht exklusiv für das NBG. Dem ist aber nicht so. Nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und Umweltinformationsgesetz (UIG) hat jede Bürger*in das Recht auf Akteneinsicht auch bei der BGE. Die möglichen Ablehnungsgründe sind gesetzlich geregelt in § 3, § 4, § 5, § 6 IFG sowie § 8 und § 9 UIG. Danach sind lediglich die oben im Punkt 8 genannten Aktenstücke nach IFG teilweise nicht für Bürger*innen einsehbar, vielleicht auch noch zu Punkt 5. Von endlagerdialog.de wurden zum Beispiel die Unterlagen zum Treffen der staatlichen Geologischen Dienste am 08.12.2020 – gab es auch ein Treffen am 08.12.2021?: Punkt 6 – eingesehen -siehe IFG 210388 und Bundesgesellschaft für Endlagerung>Endlagersuche>Wesentliche Unterlagen>Diskussionen / Fachdebatte>Diskussionen>Fachdiskussion mit den staatlichen geologischen Diensten.

Und obwohl dem NBG nach § 8 Abs. 2 StandAG alle Akten offenstehen, wurden Teile zum Projekt Einfluss zyklischer Vergletscherungen.. nur geschwärzt dem NBG präsentiert. Die BGE wird diesen Fehler korrigieren.

Aktenplan fehlt – Zeithistorische Begleitung

Offensichtlich war ein Punkt bei den geheimen Gesprächen des NBG mit der BGE auch die Dokumentationsmethoden. Dabei ist anzumerken, dass die BGE wie auch das BaSE gegen die Veröffentlichungspflicht von Aktenplänen nach § 11 Abs. 2 IFG verstößt. In der Diskussion wurde auf die Notwendigkeit der Verordnung nach § 38 StandAG – Dokumentation – hingewiesen. Zu dieser Verordnung ist bisher – 5 Jahre nach Start des Auswahlverfahrens – nicht einmal ein Entwurf bekannt. Die BGE lässt das Verfahren zeithistorische aus der Sicht des Unternehmens auch durch einen Historiker begleiten.

Paradigmenwechsel angekündigt

Im Zusammenhang mit dem Problem der Geologiedaten hat die BGE für den Schritt 2 in Phase 1 einen Paradigmenwechsel angekündigt. Bei fehlenden Daten kann in Zukunft nicht mehr ersatzweise angenommen werden, dass ein Potenzial zur Eignung vorliegt. Das Eignungspotenzial muss durch Analogieschlüsse und anderes abgesichert werden, ansonsten kann die notwendige Flächenreduzierung nicht erreicht werden. Im StandAG ist dazu die Kategorie Gebiete ohne hinreichende Informationen vorgesehen. Dieser Begriff ist von der BGE nicht erwähnt worden.

Projekt Einfluss zyklischer Vergletscherungen auf Salzstrukturen

Interessant waren die Aussagen zum Projekt Einfluss zyklischer Vergletscherungen auf Salzstrukturen als potenzielle Endlagerstandorte – siehe dazu auch hier unter dem Absatz Forschung bei der BGE. Bisher war das Forschungsvorhaben unter BGE-Endlagersuche>Forschung nicht aufzufinden (letzter Abruf 12.01.2022), jetzt steht der Steckbrief zur Verfügung. Da hierin auch abgehoben wird auf

Des Weiteren gibt es bisher wenige Informationen darüber, wie das wiederholte Vorstoßen und Zurückziehen von Gletschern das Spannungsfeld innerhalb von Salzstrukturen beeinflusst.

liegt es nahe, dass das Projekt eine Erweiterung der Parameterstudie zur Gletscherüberfahrung und Integrität eines Salzdiapirs – GRS 309 darstellt, in der festgestellt wurde:

Die Berechnungen zeigen, dass die Integritätskriterien (Minimalspannungskriterium und Dilatanzkriterium) während des Herannahens eines Gletschers verletzt werden können. Die Möglichkeit einer Verletzung der Integritätskriterien steigt mit zunehmender Gletschermächtigkeit und mit zunehmender Gletschergeschwindigkeit.

Dies wurde seitens der BGE jetzt bestätigt. Die Projektlaufzeit ist mit November 2021 bis Oktober 2023 angegeben.

4 Gedanken zu „NBG: Akteneinsicht und Paradigmenwechsel

  1. Zeithistorische Begleitung durch Dr. Anselm Tiggemann?

    Wie einer einschlägigen Quelle zu entnehmen ist, ist Herr Dr. Anselm Tiggemann seit Juli 2018 Referent für Dokumentation bei der BGE. Es ist anzunehmen, dass er die zeithistorische Begleitung erarbeitet, die von der BGE auf der NBG-Sitzung erwähnt wurde.

    Herr Tiggemann ist insbesondere bekannt durch seine historischen Arbeiten zum Auswahlverfahren des Untersuchungsstandortes Salzstock Gorleben – siehe auch Wikipedia.

  2. Parameterstudie zur Gletscherüberfahrung und Integrität eines Salzdiapirs – GRS 309 darstellt, in der festgestellt wurde:

    Die Berechnungen zeigen, dass die Integritätskriterien (Minimalspannungskriterium und Dilatanzkriterium) während des Herannahens eines Gletschers verletzt werden können. Die Möglichkeit einer Verletzung der Integritätskriterien steigt mit zunehmender Gletschermächtigkeit und mit zunehmender Gletschergeschwindigkeit.

    Das Dilatanzkriterium wird ebenso wir das Minimalspannungskriterium nur im Bereich des Salzspiegels verletzt.

    Wo ist jetzt die Relevanz? Es will ja niemand Atommüll im Caprock lagern, sondern wenn dann tief im Innern des Salzstocks. Oder verstehe ich etwas nicht?

    • Dieses Zitat steht auf Seite 25.

      Unter Schlussfolgerungen auf Seite 31 ist zu lesen:

      Im Ergebnis lassen sich folgende grundsätzliche Aussagen treffen:
      • Die Möglichkeit einer Verletzung der Integritätskriterien steigt mit zunehmender Gletschermächtigkeit und mit zunehmender Gletschergeschwindigkeit.
      • Mit zunehmender Teufe im Salzdiapir sinkt die Möglichkeit der Integritätsverletzung, so dass diese vorwiegend am Salzspiegel (bei vorhandenem Deckgebirge) stattfindet….

      Das Deckgebirge spielt also eine Rolle. Der Caprock befindet sich über dem Salzspiegel.

      Welcher Abstand vom Salzspiegel eingehalten werden muss, ist die entscheidende Frage. Deshalb kann man auf das Ergebnis der Studie Auswirkungen von zyklischen Vergletscherungen auf Salzstrukturen als ein potentieller Endlagerstandort für hochradioaktive Abfälle der smartTectonics GmbH und GeoStructures Consultancy gespannt sein, das leider erst nach Oktober 2023 vorliegen wird.

  3. Studie zur Auswahl der Bürger*innen für das NBG

    Unter TOP 5 der 59. NBG-Sitzung wurde angekündigt: KWI-Studie (Diskussion; Manfred Suddendorf). Erst auf der Sitzung stellte sich heraus, um welche Studie es sich handelte. Die Studie wurde nicht als Sitzungsunterlage veröffentlicht. endlagerdialog.de fragte nach, ob das Papier geheim ist. Das konnte nicht beantwortet werden.

    Neun Tage später wurde mitgeteilt, dass die Studie vom BMUV veröffentlicht wurde:
    Kamlage, J.-H. und J. L. Reinermann Weiterentwicklung des Konzepts zur Auswahl von Bürger:innen für das Nationale Begleitgremium und dessen Durchführung im Zeitraum 2018 – 2020 – Interner Projektbericht. Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI).

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