„Mit neuer Energie – Nukleare Entsorgung im Konsens regeln“


So lautet die vielversprechende Headline im 10-Punkte-Programm (S. 15) des Bundesumweltministers Altmaier zur Endlagerung radioaktiver Abfälle. Hier versucht ein Politiker, das komplexe Problem der Endlagerung in den Griff zu bekommen.

Terminsetzungen

Bemerkenswert sind die zahlreichen ambitionierten Terminsetzungen:

  1. Vorlage und Verabschiedung eines Endlagersuchgesetzes bis Ende September dieses Jahres,
  2. Verabschiedung eines Endlagersuchgesetzes bis Ende dieses Jahres,
  3. Umsetzung der EU-Richtlinie „Nukleare Entsorgung“ bis zur Sommerpause 2013,
  4. Vorlage und Verabschiedung (bis Ostern 2013) eines Asse-Gesetzes,
  5. für die Zeit nach der Sommerpause erster Besuch in Gorleben.

Dies soll Handlungsfähigkeit zeigen. Relativiert wird dieser Zeitplan durch die einleitende Formulierung

Hierzu strebe ich an:….

Ob die Termine eingehalten werden, wird sich zeigen.

Fachlich schlecht beraten

Doch wie sieht es mit den Inhalten aus? Hier wird deutlich, dass Herr Altmaier Politiker ist und fachlich schlecht beraten wird. So liest man:

……Die sichere Entsorgung und Endlagerung radioaktiver Abfälle gehört…..

……..durch das rechtliche Hemmnisse für eine sichere Stilllegung der Schachtanlage Asse II beseitigt werden sollen……

Der Begriff „sicher“ ist im Hinblick auf die Endlagerung radioaktiver Abfälle nicht angebracht, da hierzu Prognosen über einen Zeitraum von 10 Millionen Jahren angestellt werden müssen. Dies ist mit den heutigen wissenschaftlichen Methoden schlechterdings nicht mit der notwendigen Verlässlichkeit möglich. Eine Langzeitsicherheit kann nicht nachgewiesen werden. Angebracht ist hier der seit 1950 im Strahlenschutz geprägte Begriff der Optimierung, sprachlich ausgedrückt durch „möglichst sicher“. Das wird juristisch zwar schwieriger, aber dafür ehrlicher.

Fehlern der Vergangenheit

Interessant ist der Punkt:

Es handelt sich oftmals um die Beseitigung von Fehlern der Vergangenheit…

Doch welche Konsequenzen folgen daraus? Wie sollen die wissenschaftlichen und politischen Fehler, wie sollen die falschen Rollenzuweisungen von Politik und Wissenschaft aufgearbeitet werden? Dazu fehlt jede konkrete Vorstellung.

Fehler der Zukunft

Und es deutet sich schon ein Fehler der Zukunft an, denn die Rollen von Wissenschaft und Politik werden nicht differenziert:

Das Verfahren wird so gestaltet, dass wichtige Entscheidungen (z.B. die Auswahl möglicher Erkundungsstandorte und die Festlegung des endgültigen Standortes) stets vom Gesetzgeber getroffen werden.

Der Gesetzgeber sollte höchstens dann entscheiden, wenn die Wissenschaft nicht zu einem Ergebnis kommen kann. Dies wird bei der Endlagerung der Fall sein, denn die Problematik ist zu komplex und zu stark von Nichtwissen geprägt, dass es eine allein auf Wissenschaften gestützte Entscheidung geben kann. Aber die wissenschaftlichen Grundlagen müssen eindeutig erkennbar sein und allgemein verständlich kommuniziert werden. Dies ist in der Vergangenheit immer wieder versäumt worden. Die Entscheidungen über wissenschaftliche Erkenntnisse hinaus sind dann eher einer Verwaltung zu übertragen, damit ein Mindestmaß an Rechtsschutz bleibt. Der Gesetzgeber sollte nur als letzte Möglichkeit beansprucht werden. Hier versuchte der AkEnd (S. 47) von den Schweden zu lernen:

In Schweden gibt es die gesetzlich verankerte Regelung, im Falle der Unlösbarkeit dieses Konfliktes eine endgültige Entscheidung durch das Parlament herbei zu führen.

Von McAllister lernen

Herr Altmaier bleibt dabei, bis Ende des Jahres 2012 ein Endlagersuchgesetz als Verfahrensrahmengesetz zu verabschieden. Für eine diskursive Einbeziehung der potenziell betroffen BürgerInnen bleibt keine Zeit. Da ist Herr McAllister schon auf einem besseren Weg, wenn er sagt:

Ich glaube, ein möglicher Fahrplan wäre, dass sich eben die Spitzen der Parteien auf Eckpunkte verständigen, dass der Bundesumweltminister dann den Auftrag bekommt, diese Eckpunkte in Gesetzesform zu gießen, und dann durchläuft dieses Gesetz im Bundestag und im Bundesrat die notwendigen Stationen. Und wir werben auch dafür, dass die Bürger beteiligt werden, insbesondere und gerade auch die Gruppen, die im Wendland aktiv sind, weil sie bislang als einzige Erfahrung gesammelt haben mit diesem Vorhaben. Nur wenn wir nicht zu einer Einigung kommen, dann stehen wir mit leeren Händen da. Und was machen wir dann?

Organisationsstruktur

Schleierhaft erscheint die Zielsetzung, die EU-Richtlinie „Nukleare Entsorgung“ in einem gesonderten Gesetz  umzusetzen, und zwar etwa ein Jahr nach dem Endlagersuchgesetz. Die Umsetzung der EURATOM-Richtlinie bedeutet im Wesentlichen den Umbau der Organisationsstruktur der Nuklearen Entsorgung in Deutschland. Dies muss aber wesentlicher Inhalt des Endlagersuchgesetzes sein. Schon hier müssen die  Akteure und deren Rollen eindeutig benannt werden.

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