„Das Zeug muss ja irgendwo hin.“ – Was bedeutet das?

Ein einfacher Satz

Herr Kretschmann hat es immer wieder gesagt: „Das Zeug muss ja irgendwo hin.“ – zuletzt in einem Interview mit dem Spiegel. Aber was bedeutet dieser einfache Satz? Im besagten Interview wird er als Argument dafür eingesetzt, dass die Endlagersuche nicht wieder auf Jahre aufgeschoben werden kann.

Versagen der Politik

Die Politik hat in den Gipfeltreffen über ein Jahr hinweg – seit dem 11.11.2011 – ihr Versagen deutlich gemacht. Trotz der Betonung eines angeblich vorliegenden Konsenses spielten doch taktische Erwägungen die Hauptrolle. Parteipolitik war offensichtlich wichtiger als Sachargumente und -politik, siehe auch der Artikel Standortsuche oder Endlagersuche? Das ist hier die Frage!

…Bedeutender sind handfeste eigene Interessen der Akteure. Salzgitter liegt in Gabriels Wahlkreis und der Amtschef König gehört Bündnis 90/Die Grünen an. Deshalb spielte während der gesamten Diskussion die Frage, welchen Einfluss das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter bei der Endlagersuche haben sollte, eine größere Rolle als die eigentliche Suche nach einer Endlagermöglichkeit…

…Sowohl Gabriel als auch Trittin haben sich zwar öffentlich gegen einen Ausschluss von Gorleben gewandt, aber dies auch noch in ein Gesetz zu gießen, war dann wohl doch zu viel…

Das ist durchaus nichts Außergewöhnliches im derzeitigen politischen System der Bundesrepublik. Jedoch sollte dies bei der wichtigen Frage der Endlagerung radioaktiver Abfälle zugegeben werden. Die Politik sollte den Beschluss von 1979 entsprechend dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik revidieren und damit die Blockade in diesem Bereich aufheben. Auf dieser Grundlage könnte auch Herr Hennenhöfer als loyaler Beamter sinnvoll weiterarbeiten.

Versagen der Wissenschaften

Für die Endlagerung radioaktiver Abfälle ist nach Atomgesetz eine selbstständige wissenschaftlich-technische Bundesoberbehörde – das BfS – zuständig. Doch das BfS ist offensichtlich ein Teil des parteipolitischen Systems. Einerseits erhält das BfS Weisungen aus dem Ministerium, andererseits macht das BfS eine eigene SPD- und GRÜNE-orientierte Hauspolitik. Wie hoch die Einzelanteile sind, spielt dabei keine Rolle. Das Ergebnis ist, dass von dieser wissenschaftlich-technischen Bundesoberbehörde ein selbstständiger wissenschaftlicher Beitrag nicht zu erwarten ist.

Andere wissenschaftliche Behörden und Institutionen wie BGR, GRS und Universitäten melden sich auch nicht zu Wort. Offensichtlich sind die politischen und Projektmittel bedingten Abhängigkeiten zu groß.

Allein Michael Sailer – Öko-Institut e. V. und Entsorgungskommission – macht da eine persönliche Ausnahme, zuletzt laut Hannoverscher Allgemeinen in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Nürnberg:

Nach Sailers Meinung sollte auch der Salzstock in Gorleben weiter in die Endlagersuche einbezogen werden – allerdings im Vergleich mit anderen möglichen Standorten. So gebe es in der norddeutschen Tiefebene rund 200 Salzstöcke, von denen einige geeignet sein könnten. Auch tiefe Tonschichten wie beispielsweise in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Grenzregionen Bayerns könnten infrage kommen.

Allein wissenschaftliche Ambitionen stecken wohl nicht dahinter, denn es gibt nicht nur untersuchungswürdige Salzstöcke und Tonvorkommen. Es gibt auch untersuchungswürdige Kristallinvorkommen. Und es wird noch besser: Es gibt sogar untersuchungswürdige Salzvorkommen mit Tonabdeckung. Darauf wollte bereits die BGR in ihrer Studie von 1995 hinweisen. Leider hat es keiner verstanden oder verstehen wollen.

Fazit

Was bedeutet nun der einfache Satz „Das Zeug muss ja irgendwo hin.“? Ist er nicht der Aufruf, alle taktischen Spielchen beiseitezulegen und das Sachproblem anzupacken?

Dazu gehört es, sich von den Schachzügen der letzten 35 Jahre glaubhaft zu distanzieren, um Vertrauen bei den BürgerInnen zu schaffen. Die Politik darf nicht weiter blockieren, die Wissenschaften müssen erwachsen werden und endlich frei ihre Positionen äußern. Das ist alles sehr schwierig, und es wird immer wieder Rückschläge geben. Das wird zurzeit in der Schweiz vorgemacht.

Notwendig ist eine Kultur der Transparenz und Offenheit, die nichts mit dem von BMU und BfS gern benutzten Slogan Transparenz und Offenheit zu tun hat.

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