Die geologische Kompetenz der Länder
Nach der Tagesordnung zur AG3-Sitzung am 02.03.2016 versprach der TOP 4 Bericht der Fachbehörden aus der Konferenz der Geologischen Landesdienste interessantes Neues.
Die Vorgeschichte begann vor gut einem Jahr
Diese Thematik hat eine lange Vorgeschichte. Sie begann mit dem in der Kommissionssitzung am 19.01.2015 beiläufig an die BGR erteilten Auftrag, die Kristallin- und die Salzstudie an die AkEnd-Kriterien anzupassen – siehe Beitrag Die Kommission dreht sich im Kreis und der Vorsitz spinnt die Fäden.
Die 4. Sitzung der AG 3 am 29.01.2015
Das ist dann nachträglich intensiv in der Sitzung der AG 3 am 29.01.2015 diskutiert worden – siehe Beitrag Die AG 3 will den Auftrag an die BGR “präzisieren”. Erinnert sei an die Zusammenfassung des Leiters dieser Sitzung:
Hier muss einfach sorgfältig überlegt werden, was die BGR im Verein mit den Ländern jetzt schon tun kann, um sinnvoll spätere Dinge vorzubereiten, aber ohne irgendetwas zu präjudizieren im Sinne von Einschränkung der Weißen Landkarte. Und das kann man vielleicht nicht mehr als Schnellschuss erledigen, auch nicht durch stundenlange Diskussion in der Kommission. …Kleinere Gruppe in Kontakt mit BGR und Länderbehörden, um ein geordnetes Verfahren zu finden.
Die Kommissionssitzung am 02.02.2015
Der Punkt wurde in die Kommissionssitzung am 02.02.2015 eingebracht. Dazu vermerkt das Protokoll auf Seite 83f. aber lediglich:
Vorsitzender Michael Müller: Wir haben die BGR in der letzten Sitzung gebeten, die Daten, Kriterien vom AkEnd auf den Stand zu bringen. Wir wollten nur noch klarmachen: Es geht um die Daten, und dann alles Weitere bitte auch in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe 3, damit die Kriterien gefunden werden, die gemeinsam von der Kommission und der BGR umgesetzt werden können. Das nur zur Klarstellung, weil es da Nachfragen gegeben hat.
Vorsitzende Ursula Heinen-Esser: Professor Mager dazu.
MinDirig Prof. Dr. Diethard Mager (BMWi): Vielleicht nur ein paar Worte dazu. Wir haben uns im Anschluss an die Sitzung auch mit der BGR über diese Frage unterhalten und sind natürlich der Meinung, dass wir die Kommission auch in diesem Bereich sehr gerne unterstützen würden. Als zentrale Ressortforschungseinrichtung ist die BGR natürlich auch bestens dafür geeignet. Wir sind gerne bereit, auch den formalen Weg zu beschreiten. Wir müssen ja die BGR als nachgeordnete Behörde letztlich beauftragen. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang, Herr Sailer, dass wir vielleicht ein klares Feedback von der Arbeitsgruppe 3 kriegen, was der inhaltliche und vielleicht auch der zeitliche Rahmen dafür sein sollte, damit wir das richtig eintüten können.
Das Schweigen bis November 2015
Danach gab es erst einmal ein langes Schweigen. Erst im November 2015 wurden auf der 14. Sitzung der AG 3 weitere Informationen zu dieser Thematik in einem Beitrag der BGR präsentiert (TOP 7, Protokoll Seite 67 bis 77, K-Mat 11 und K-Mat 43).
Jetzt kommen endlich die Geologischen Landesämter zum Zuge
Im Wesentlichen durch den Druck von Herrn Pegel gibt es nun eine Ausarbeitung der Staatlichen geologischen Dienste der Länder (SGD) über die Datenlage. Diese wurde jetzt innerhalb des Monats Februar 2016 schnell zusammengestellt, obwohl die Frage bereits ein Jahr zuvor aufgeworfen wurde. Von systematischer Arbeit an dieser Problematik kann also nicht gesprochen werden.
40 Seiten Tabellen
Das Ergebnis lag bei der AG 3-Sitzung in Form von zwei Seiten Schlussfolgerungen und 40 Tabellenseiten vor. Die Länder Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz hatten keine Daten geliefert. Weiterhin steht das Papier bis heute nicht im Internet.
Die Verfügbarkeit der Daten sollte in den drei Kategorien gemeldet werden:
- vorhanden und verfügbar,
- vorhanden, aber noch nicht verfügbar (Recherche und Erfassung erforderlich, unaufbereitete, i.d.R. analoge Datenbestände),
- nicht vorhanden.
Allein das Land Brandenburg hat sich an diese Kategorien gehalten. So ist eine Übersichtsdarstellung nicht auf einer DIN-A4-Seite möglich, sondern es waren 40 Seiten notwendig.
Viele Daten insbesondere für die Abwägung nicht vorhanden
Auffallend ist der hohe Prozentsatz der nicht vorhandenen Daten. 31 % der Daten sind nach Angabe der SGD nicht vorhanden, im Bereich der Ausschlusskriterien 9 %, bei den Mindestanforderungen 8 % und bei den Abwägungskriterien 39 %. Das SGD-Papier kommt demnach auch zu dem Schluss, dass es bei Anwendung der Abwägungskriterien insbesondere bei der sog. vertiefenden Abwägung in Phase 1 Schritt 3 ohne weitere Datenerhebungen zu erheblichen Problemen kommen wird.
Umgang mit fehlenden Daten
Herr Kudla hat das in seinem Papier K-Drs. AG3-94 aufgegriffen und eine Erkundung selbst in Phase 1 in Aussicht gestellt. Das wurde aber in der AG 3 verworfen. Es bleibt die Frage, wie man mit Gebieten umgeht, zu denen in der Phase 1 die geologischen Daten nicht ausreichen? In dem oben genannten Papier wird vorgeschlagen, das Gesellschaftliche Begleitgremium darüber entscheiden zu lassen. Der AkEnd hatte vorgesehen, solche Gebiete vorerst zurückzustellen und erst wieder in Betracht zu ziehen, wenn nicht genügend Auswahlgebiete zur Verfügung stehen.
Gerechtigkeit insbesondere gegenüber dem Standort Gorleben
Eine ähnliche Diskussion gab es bereits in der Novembersitzung (Protokoll S. 73/74). Aus Gerechtigkeitsgründen ist das aber kritisch zu sehen. Durch die Gorlebenvorgabe und der Tatsache, dass an diesem Standort praktisch alle Daten bekannt sind, ergibt sich ein extremes Zerrbild. Grundsätzlich sollten Gebiete, wo die Daten nicht oder nicht genau genug vorliegen, übertägig erkundet werden. Es sind also nicht etwa sechs bis neun, sondern vielleicht 20 bis 50 Regionen übertägig zu erkunden, vielleicht nur mit 3D-Seismik und vereinzelten Stützbohrungen. Das hat man sich mit der expliziten Aufnahme von Gorleben eingebrockt. Auf einen Kompromiss sollte nur eingegangen werden, wenn sich daraus ein erheblicher Zeitverzug ergeben würde. Ein anderer Ansatz wäre die getrennte Bewertung in den Kategorien Salzstöcke, flache Salzlagerung Tonstein und Kristallin.
Redundanz wird abgekanzelt
In TOP 8 stand das Berichtskapitel zu den Sicherheitsanforderungen zur Diskussion, wozu aus Niedersachsen das Papier K-Drs. AG3-99 vorgelegt wurde. Interessant ist darin der allerletzte Absatz:
Weiterhin muss überprüft werden, wie das in den Sicherheitskriterien von 1983 festgeschriebene „Mehrbarrierenkonzept“ als zusätzliche Sicherheitskomponente zum „einschlusswirksamen Gebirgsbereich“ im Sinne einer redundanten Vorgehensweise bei der Sicherheitsanalyse beibehalten werden kann.
Vom Diskussionsleiter wurde dies mit folgendem Hinweis abgekanzelt (Audiofile 3:44:50):
Die Mehrbarrierenkonzeption im Sinne von 83 heißt, ich kann die Abfallform und die Verpackung als Mehrbarrierensystem nehmen und den Rest vergessen.
Ein fataler Fehler des Suchverfahrens bahnt sich an
Der Begriff der Redundanz wurde nicht aufgegriffen. Sicherlich ist es richtig, dass dieser Aspekt in die Kriterien gehört und im Zusammenhang mit dem Begriff Mehrbarrierensystem 1983 eher der sicherheitstechnische Begriff Diversität zu benennen ist. Jedoch sowohl Redundanz als auch Diversität bei der Auswahl der besten geologischen Gesamtsituation nicht zu berücksichtigen, wäre ein fataler Fehler des Suchverfahrens.
Datenverfügbarkeit jetzt veröffentlicht
Die Zusammenstellung der Datenverfügbarkeit aus der Sicht der Landesgeologischen Ämter ist jetzt als K-MAT 53 verfügbar. Es fehlen immer noch die Länder Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.
Weiterhin wir eine unübersichtliche PDF-Datei zur Verfügung gestellt, mit der so nicht gearbeitet werden kann. Hier hilft nur das Ausdrucken der gut 100 Seiten der Anlage 2 und zusammenkleben des Puzzles. Das ist die Technik, die seitens der Bundestagsverwaltung der Öffentlichkeit für eine solche Übersicht zur Verfügung gestellt wird.
Ergänzungen zur Datenverfügbarkeit
Die Zusammenstellung zur Datenverfügbarkeit wurde um die Länder Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ergänzt. Weiterhin ist der Datenbestand der BGR aufgenommen worden. Das Ergebnis wurde als K-MAT 53a mit Datum 05.04.2016 veröffentlicht.