Das Interview
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 29.11.2012 ist auf Seite 4 ein Interview mit Ministerpräsident McAllister abgedruckt, was auch dem politischen Denken der CDU – wie schon dem der GRÜNEN – die Eindimensionalität bescheinigt. Die wesentlichen Sätze lauten:
Entscheidendes Kriterium ist die Geologie. Das bisherige Konzept der Nichtrückholbarkeit bei untertägiger Endlagerung muss aus niedersächsischer Sicht überprüft werden. Gerade nach den Erfahrungen mit der Asse drängt sich das geradezu auf. Wenn das Kriterium der Rückholbarkeit greift, hat sich Salz als Endlagermedium und damit der Standort Gorleben ohnehin erledigt.
Die Diskussion zur Rückholbarkeit
Die Frage der Rückholbarkeit – oder allgemeiner das Prinzip der Reversibilität – sollte intensiv diskutiert werden, aber nicht zur Profilierung im Wahlkampf missbraucht werden. Hier wird es zum Verhinderungskriterium von Gorleben gemacht, und auch gleich die ganze Salzlinie gekappt. Damit führt Herr McAllister die Langzeitlagerdiskussion von radioaktiven Abfällen ad absurdum.
Rückholbarkeit und oberirdische Zwischenlager
In der bisherigen Auseinandersetzung über Rückholbarkeit wurde eines klar: Es geht nicht um Rückholbarkeit auf ewige Zeiten, sondern um Zeiträume von einigen Jahrzehnten. Ansonsten müsste auf oberirdische Zwischenlager zurückgegriffen werden, wo ein ganz anderes Gefährdungsportfolio zum Ansatz kommt. Die Rückholbarkeit kann also nur im Gesamtkontext der Sicherheitsfrage betrachtet werden. Sie als absolute Forderung aufzustellen, verhindert, dass das bestmögliche Langzeitlager für radioaktive Abfälle gefunden wird.
Geheimhaltung ermöglicht Schaumschlägerei
McAllister kann damit nur punkten, weil das Papier zur Rückholung von vertikal gelagerten Abfallbehältern im Salz (ESDRED Report Mod2-WP4-D4) geheim gehalten wird. Damit kann dazu keine fundierte öffentliche Diskussion stattfinden. Nicht einmal der Institution, die nach Atomgesetz zurzeit in der Bundesrepublik für die Langzeitlagerung von radioaktiven Abfällen zuständig ist, liegt nach eigener Auskunft diese mit Steuermitteln geförderte Studie vor.
Der Rückschritt von McAllister
McAllister enttäuscht in der Frage der Endlagerung. Da war er – mit größerem Abstand zur Landtagswahl – schon einmal konstruktiver, indem er sich auf Eckpunkte konzentrierte. Siehe Artikel McAllister hat dazugelernt :
Ich glaube, ein möglicher Fahrplan wäre, dass sich eben die Spitzen der Parteien auf Eckpunkte verständigen, dass der Bundesumweltminister dann den Auftrag bekommt, diese Eckpunkte in Gesetzesform zu gießen, und dann durchläuft dieses Gesetz im Bundestag und im Bundesrat die notwendigen Stationen.
Sicherung des angeblichen politischen Konsenses vom 11.11.2011
Aber die Parteipolitik macht für Sachprobleme – insbesondere vor Wahlen, und wann ist es nicht vor der Wahl? – blind. Um den angeblichen politischen Konsens, der am 11.11.2011 so hochgejubelt wurde, zu sichern, sollte wenigstens noch folgender Eckpunkte-Beschluss gefasst werden – siehe auch Artikel Ein Jahr lang wurde geheim verhandelt..:
Die Regierungschefs von Bund und Ländern kommen überein, dass entgegen der Festlegung auf Gorleben am 28.09.1979 die Suche nach einem bestmöglichen Endlager für radioaktive Abfälle aus wissenschaftlichen Gründen und insbesondere zur Einhaltung des Strahlenschutzgrundsatzes der Minimierung nach § 6 Strahlenschutzverordnung in allen Bundesländern notwendig ist. Dem liegt zugrunde, dass für eine möglichst sichere Endlagerung die natürlichen geologischen Barrieren mit höchster Priorität herangezogen werden müssen. Eine nur an einem Standort geführte Argumentation zur Langzeitsicherheit kann wegen der enormen Unsicherheiten und des Nichtwissens bei den notwendigen Prognosezeiträumen von einer Million Jahren und mehr keine rationale Entscheidungsgrundlage sein.
Endlagerung radioaktiver Abfälle nach dem Stand von Wissenschaft und Technik
Nach einem solchen Beschluss könnte Wahlkampf gemacht werden, was die Parteikassen hergeben. Aber diese kleine Portion an Rationalität könnte vorher noch von der Politik verlangt werden. Mit diesem Statement kann das für die Endlagerung immer noch zuständige Bundesamt für Strahlenschutz auch in Richtung auf Endlagerung Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle nach dem Stand von Wissenschaft und Technik tätig werden. Denn der Blick in § 23 Absatz 1 Punkt 2 Atomgesetz zeigt, dass nicht das BMU, sondern das BfS dafür zuständig ist.