Endlagersuche ist kein Altherrenprojekt

BGE-Tage der Standortauswahl in Braunschweig

Drei Tage lang veranstaltete die BGE als Vorhabenträger einen Workshop zur Endlagerproblematik. Die ersten beiden Tage waren fachwissenschaftlich geprägt, der dritte Tag, ein Samstag, wandte sich an die interessierte Öffentlichkeit.

Forschungsfeld mit breit gestreuten Akteur*innen

Der fachwissenschaftliche Teil wurde zu einem großen Teil von externen Wissenschaftler*innen geprägt. Das Altersspektrum war breit gefächert und es stellte sich heraus, dass dieses Forschungsfeld offensichtlich keine reine Männerdomäne mehr ist. Das stimmt zuversichtlich. Auch erschien die Herangehensweise pluralistischer als bisher, was über Spin-off-Effekte auch Auswirkungen auf das wissenschaftliche und gesellschaftliche Umfeld haben sollte.

ENTRIA und Einstellungspraxis der BGE

Teilweise ist das wohl auf das Forschungsverbundprojekt ENTRIA und die Einstellungspraxis bei der BGE zurückzuführen. Erinnert sei an das Statement der BGE bei der zweiten NBG-Sitzung:

Frau Heinen-Esser sieht in der Umsetzung der Unabhängigkeit und im Aufbau eines selbsthinterfragenden Systems große Herausforderungen. Konkret wird sie dafür sorgen, dass die ins Standortsuchverfahren einbezogenen GeologInnen sich nur zur Hälfte aus den bisher damit Beschäftigten rekrutieren werden. Die andere Hälfte sollte frisch aus der Ausbildung kommen.

Nach Außenwahrnehmung hat die BGE dieses Ziel erreicht, wenn nicht übererfüllt.

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Erarbeitung der Verordnungen mit Beteiligung der Öffentlichkeit gescheitert

Empfehlung der Endlagerkommission missachtet

Hatte die Endlagerkommission noch empfohlen, die Verordnungen nach §§ 26 und 27 StandAG mit Beteiligung der Öffentlichkeit zu erarbeiten – siehe Drucksache 18/9100, S. 398 -, sprach das BMU auf der 2. Statuskonferenz wiederholt davon, dass die Öffentlichkeit freiwillig einbezogen worden wäre. Sicher – die Endlagerkommission konnte nur Empfehlungen aussprechen. Und die Empfehlung wurde in diesem Fall nicht umgesetzt.

Glitzernde Begriffe wie Symposium und Dialog

Was das BMU veranstaltet und mit glitzernden Begriffen wie Symposium und Dialog geschmückt hat, war höchstens eine Anhörung und keine Öffentlichkeitsbeteiligung, wie sie im Verwaltungsverfahrensgesetz kodifiziert ist. Und noch lange nicht eine Erarbeitung mit Beteiligung der Öffentlichkeit, wie von der Kommission empfohlen.

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BfE-Statuskonferenz – der zweite Versuch

Statuskonferenz und Bürgerforum

Am 14./15.11.2019 fand die zweite Statuskonferenz statt. Terminiert war sie in der Arbeitswoche und richtete sich an die Fachöffentlichkeit. Ein sogenanntes Bürgerforum soll laut BfE am 25.01.2020, einem Samstag, veranstaltet werden. Näheres ist noch nicht bekannt und selbst der Termin ist noch nicht im BfE-Kalender verzeichnet.

Livestream und anderes

Groß angekündigt wurde ein Livestream, der aber nur zu bestimmten Zeiten aktiv war und lediglich das Rahmenprogramm im Plenum umfasste. Die wesentlichen Aktivitäten fanden aber in parallelen Foren statt. Der Livestream war nicht zeitversetzt abrufbar und steht zurzeit auch nicht zur Verfügung. Es ist zu hoffen, dass wenigstens diese dünne Dokumentation bald veröffentlicht wird. Zur Erinnerung: Bei der ersten Statuskonferenz aufgezeichnete Videos konnten erst mehrere Wochen später abgerufen werden. Die zusammenfassenden Berichte aus den Foren waren inhaltlich wenig hilfreich. Aber selbst diese sind zurzeit nicht verfügbar, obwohl sie vorliegen. Das Gleiche gilt für die Präsentationen.

Fehlerlisten

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BfE greift endlich Vorschlag von endlagerdialog.de auf

Rollentrennung von Aufsicht und Öffentlichkeitsbeteiligung

Wie man dem Internetauftritt des BfE seit heute entnehmen kann – siehe hier, ist es beabsichtigt, die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Standortauswahl aus der Abteilung SV Standortauswahlverfahren und Öffentlichkeitsbeteiligung auszugliedern und dafür eine eigene Abteilung zu schaffen. Als Grund wird die Aufgabentrennung zwischen Aufsicht und Beteiligung angegeben.

Die Forderung von endlagerdialog.de

endlagerdialog.de hat in vielen Beiträgen diese notwendige Trennung gefordert -siehe zum Beispiel im Beitrag Kreative Interpretation statt Novellierung des StandAGs?:

Das StandAG weist dem BfE zwei unterschiedliche Rollen zu, die der Regulierungsbehörde und die der Organisation der Öffentlichkeitsbeteiligung. Da es bei solchen Doppelrollen zu Konflikten kommt, ist vorprogrammiert. Die notwendige Objektivität bei der Öffentlichkeitsbeteiligung in Bezug auf Regulierungsbehörde ist nicht gewährleistet. Hier würde es eine einfache Lösungsmöglichkeit geben, diesen Rollenkonflikt wenigstens abzuschwächen, wie es in anderen Fällen durchaus durchgeführt wird. So hätte das Referat Öffentlichkeitsbeteiligung nicht unter dem Präsidenten und der Abteilungsleitung Standortauswahlverfahren angesiedelt werden sollen, sondern als Sonderreferat direkt unter der Vizepräsidentin. Auch hier gibt es keine Anzeichen von Kreativität.

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Gesetzeskommentar zum StandAG 2017

Gesetzeskommentare zum Standortauswahlgesetz 2013 und 2017

Zum StandAG aus dem Jahr 2013 gibt es bereits einen ausführlichen Kommentar – siehe hier. Jedoch sind wesentliche Teile des StandAG im Jahr 2017 auf der Grundlage der Empfehlungen der Endlagerkommission novelliert worden, sodass das oben genannte Werk nur noch beschränkt herangezogen werden kann. Diese Lücke wurde geschlossen durch den umfassenden Kommentar zum Atomrecht in der Reihe NomosKommentar. In diesem knapp 700-Seiten-Werk findet sich der Teil zum StandAG 2017 auf den Seiten 443 bis 594. Ulrich Wollenteit (§§ 1, 2, 5-27, 36-38), Olaf Däuper (§§ 3, 4), Alexander Dietzel (§§ 3, 4) und Marc Ruttloff (§§ 28-35) haben auf 152 Seiten alle erdenklichen Unterlagen zusammengetragen und fundiert jede einzelne Passage des Gesetzes unter die Lupe genommen.

Kommentar als Wegweiser durch Unterlagen des AkEnd und der Endlagerkommission

Beim Durchlesen des Kommentars wird durch den Hinweis auf die Quellen deutlich, dass viele Regelungen des StandAG 2017 aus den Arbeiten des Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) stammen, der bereits 2002 seine Empfehlungen veröffentlicht hat, deren Umsetzung aber politisch verhindert wurde. Leicht nachvollziehbar wird auch die Rolle des StandAG 2013, das entsprechend angeführt wird. Von unschätzbarem hohen Wert sind die regelmäßigen Hinweise auf Fundstellen in den umfangreichen, kaum überschaubaren 1322 Dokumenten der Endlagerkommission. Bei § 26 Sicherheitsanforderungen wird sogar auf die RSK-Kriterien aus dem Jahr 1982 zurückgeblickt (§ 26 Rn.1).

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Intransparenz macht Schule – Beispiel Erdbebenzone

Informationen zu Ausschlusskriterien

Auf einer Veranstaltung der BGE in Hamburg wurde mitgeteilt, dass das Ausschlusskriterium Grundwasseralter aus naheliegenden Gründen bei der Erstellung des Zwischenberichts Teilgebiete nach § 13 StandAG nicht zur Anwendung kommt. Darüber hinaus wird beim Ausschlusskriterium seismische Aktivität, wozu im StandAG die DIN EN 1998-1/NA 2011-01 als Bewertungsgrundlage vorgeschrieben ist, mit einiger Sicherheit auf die neue Version DIN EN 1998-1/NA 2018-10 zurückgegriffen werden, die als Entwurf vorliegt und für 114,10 EUR bezogen werden kann.

Abweichung vom Gesetz ist hierarchisch abgesichert – ohne Transparenz

Auf die Rückfrage, ob diese Abweichung vom Gesetz auch von den hierarchisch höheren Ebenen gebilligt ist, wurde dies bejaht. Offensichtlich gibt es dazu also Abstimmungen mit BfE und/oder BMU. Sieht man in die Informationsplattform nach § 6 StandAG, so gibt es kein Dokument dazu. Die Abstimmung fand wohl offensichtlich klammheimlich statt. Sieht so Transparenz aus?

Berechtigte Erwartungen der Fachöffentlichkeit

Was sollte in einem partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden und lernenden Verfahren zu erwarten sein? Das Minimum wäre gewesen, dass die entsprechenden Abstimmungspapiere zwischen BGE, BfE und BMU auf der dafür vorgesehenen Informationsplattform öffentlich gemacht worden wären. Dann könnte die Fachöffentlichkeit wie zum Beispiel GeologInnen und GeophysikerInnen an Forschungsinstitutionen und StudentInnen dieser Fachrichtungen fachlich sich dazu äußern. Was ist zum Beispiel zu erwarten bei der Revision dieser DIN, die offensichtlich nicht marginal sein wird – siehe Änderungsvermerk:

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Emotionen und Endlager – wissenschaftlich gesehen

Die 32. NBG-Sitzung als Ausgangspunkt

Bei der 32. NBG-Sitzung kam der Vorschlag, Emotionen bei der Endlagersuche aus wissenschaftlicher Sicht zu betrachten – siehe hier. Dies war Anlass, sich das dazu einschlägige Buch Smeddinck, U., Hrsg. (2018). Emotionen bei der Realisierung eines Endlagers – Interdisziplinäre Beiträge anzusehen. Es geht auf eine Veranstaltung am 21.06.2016 im Rahmen des Forschungsprojektes ENTRIA zurück. Die Braunschweiger Zeitung berichtete darüber unter der Überschrift „Bürger-Wut ist konstruktiv“.

Diskussion in der Veranstaltung wenig ausgeführt – Der Inhalt im Überblick

Das Buch geht lediglich auf einer halben Seite auf die Diskussion in dieser Veranstaltung ein. Der wesentliche Teil (siehe Inhaltsverzeichnis) besteht aus Abhandlungen der Vortragenden:

Christian Götter – Emotionen als Argument – Die Debatte um die Kernenergie im Biblis der 1970er Jahre

Barbara Thies, Melanie Misamer und Florian Henk – Protestverhalten aus psychologischer Perspektive

Basil Bornemann – Emotion, Konflikt und Partizipation – Politikwissenschaftliche Perspektiven auf die Rollen von Emotionen im Konflikt um die Endlagerung radioaktiver Abfälle und dessen partizipative Bearbeitung

Ulrich Smeddinck – Recht, Atommüll und Emotionen – Eine Annäherung an verschiedene Facetten des Konfliktfeldes

Ergänzt wurden in diesem Buch zwei weitere Beiträge, um das Bild abzurunden:

Anne Reichold – Empörung im Kontext von Debatten um ein Endlager für Atommüll – Eine philosophische Analyse

Nicole Terne – Mythos der nuklearen Sicherheit am Beispiel Japans

Emotionen beim Biblis-Konflikt

Christian Götter kommt aufgrund seiner Studien zu Biblis zu dem Schluss, dass nicht die von Kernkraftanlagen Betroffenen Angst und damit Emotionen zeigen, sondern es sind die Betreiber dieser Anlagen, die sich über die Emotionen der Bevölkerung beklagen, die eine rationale Auseinandersetzung behindern würden. Offensichtlich wurde das Instrument eingesetzt, um die protestierenden BürgerInnen zu diskreditieren. Die Haltung der Kernenergiegegner war eher geprägt von Vertrauensverlust zum Beispiel in sogenannte wissenschaftliche Prognosen. Besonders besorgniserregend war dabei, dass von politischer Seite auf kritische Fragen oft nur mit „faulen Entschuldigungen und Ausflüchten“ reagiert wurde. Götter rückt das Vertrauen in den Mittelpunkt. Das Vertrauen – nach Niklas Luhmann ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität -, der Akteuren hilft, Entscheidungen über komplexe Fragen zu treffen, indem sie dem Urteil von akzeptierten Fachleuten folgen.

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Änderung des Atom- und Standortauswahlgesetzes

Trotz Warnung vor Änderung des StandAG

Immer wieder wird von der Seite gewisser Interessensträger vor der Änderung des Standortauswahlgesetzes gewarnt. Aber genau diese Interessensträger haben die Initiative ergriffen, das StandAG und das Atomgesetz zu novellieren – siehe Bundestagsdrucksache 19/13439, hier und hier.

BfE wird BSE

Das BfE soll in BSE ( Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung) umbenannt werden. Die Begründung dazu lautet:

Bei der im Jahr 2020 beginnenden formellen Öffentlichkeitsbeteiligung im Standortauswahlverfahren besteht aufgrund der Namensähnlichkeiten die Gefahr einer Verwechslung der beteiligten Behörde mit den auf Seiten des Bundes mit der Entsorgung betrauten Unternehmen, was die Transparenz und Funktionsfähigkeit und damit die Glaubwürdigkeit von Prozessen der Öffentlichkeitsbeteiligung beeinträchtigen könnte. Ziel ist eine klare und bereits durch die Namen der beteiligten Behörde und Bundesunternehmen erkennbare Rollenzuschreibung.

Euphemismen gefährden die Glaubwürdigkeit wesentlich stärker

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