Organisationserlass des Bundeskanzlers zur Endlagerforschung
Der Bundeskanzler hat am 08.12.2021 per Organisationserlass den neuen Zuschnitt der Ministerien geregelt. Unter Punkt VIII ist unter anderem zu lesen:
Das BMWi hat bisher Endlagerforschung finanziert, so zum Beispiel das Projekt TRANSENS – siehe Pressemitteilung des BMWi vom 16.01.2020. Diese Art Forschung wird jetzt also vom BMUV organisiert. Es stellt sich die Frage, ob dies dann Aufgabe des Referats Z III 5Forschung oder der Fachabteilung S Nukleare Sicherheit, Strahlenschutz wird – siehe Organigramm des BMUV? Erstaunlich ist, dass sich zur Verlagerung der Endlagerforschung nichts im Koalitionsvertrag findet. Woher kommt also das Bestreben dazu?
Die 58. Sitzung des NBG begann mit einer Vorstellung der Entsorgungskommission (ESK) durch die Vorsitzende Barbara Reichert. Dies geht zurück auf die 14. Sitzung der FG III. Insbesondere wurden Fragen zum ESK-Diskussionspapier Standortvergleich formuliert, die anfangs vorgetragen wurden. Im Protokoll der 14. FG III-Sitzung ist davon nichts zu lesen. Die Fragen spielten auch keine weitere Rolle, da auf diese im Verlauf des Vortrags von Frau Reichert nicht explizit eingegangen wurde. Die ESK ist ein unabhängiges Beratungsgremium des BMUV mit einer Geschäftsstelle am BaSE. Die Arbeit in der Kommission ist ehrenamtlich und wird pauschal vergütet: 30 EUR pro Sitzung und Fachhonorar von 40,90 EUR je Stunde auf Antrag für besondere, schriftliche Vorbereitungen – siehe Präsentation, Seite 6.
Auf der heutigen 57. NBG-Sitzung wurden vier Gutachten zur Auswahl der Gebiete zur Methodenentwicklung vorgestellt. Die Gutachten wurden vorher auf der NBG-Site hier veröffentlicht. Die Autoren haben ihre Gutachten mit begleitende Präsentationen vorgestellt – siehe YouTube-Video, 1:20:20 bis 3:20:05. Gefragt war vom NBG, ob die Auswahl der Methodengebiete durch die NBG BGE nachvollziehbar ist und ob diese Teilgebiete zur Methodenentwicklung geeignet sind.
Kriterien nicht nachvollziehbar angewendet, keine Aufzeichnung vorhanden
Die Gutachten kommen zu dem Schluss, dass die Auswahl nicht nachvollziehbar ist, da weder genaue Kriterien formuliert noch nachvollziehbar angewendet wurden. Es existieren auch keine Aufzeichnungen über solch einen systematischen Auswahlprozess. Das ist jedoch nichts Neues, da die BGE im Nachgang zu der Entscheidung erläutert hat, dass es kein streng wissenschaftliches Auswahlverfahren auf der Grundlage von Kriterien gegeben hat. Andererseits kommen alle Gutachter zu dem Schluss, dass die vier Teilgebiete gut gewählt sind, um die Methodenentwicklung durchzuführen.
Pragmatismus war wohl leitend
Offensichtlich hat sich die BGE in einer internen Runde pragmatisch für passende Teilgebiete entschieden. Es fehlt aber die Dokumentation dieses Prozesses. Pragmatismus sollte in dem Standortauswahlverfahren nicht ausgeschlossen werden, um in einem realistischen Zeitraum zu einem guten Ergebnis zu kommen. Schon in dem Beitrag Wie die Öffentlichkeit verhöhnt wird wurden dazu Anmerkungen gemacht und folgende Kriterien formuliert:
Der pragmatische Ansatz muss transparent formuliert und darf nicht zwischen den Zeilen versteckt werden.
Es muss offengelegt werde, welche Schwierigkeiten auftauchen, wenn kein Pragmatismus verfolgt wird. Pragmatismus ist in einem wissenschaftsbasierten Verfahren nie alternativlos.
Pragmatische Ansätze sind erst möglich, wenn eine starke Vertrauensbasis entwickelt worden ist und somit die Öffentlichkeit dieses Vorgehen mitträgt. Das ist bisher in keinster Weise geschehen.
Veranstaltung in der Reihe Betrifft: Standortauswahl
Im Zuge der Reihe Betrifft: Standortauswahl hat die BGE am 06.12.2021 über Umsetzung des lernenden Verfahrens und zur Auswertung der Ergebnisse des Fachkonferenz Teilgebiete berichtet – siehe YouTube-Aufzeichnung und Präsentationen (sollten hier unter Vorträge in der Reihe „Betrifft: Standortauswahl“ erscheinen, bisher noch nicht hochgeladen).
Bearbeitungsfehler und Veränderungen durch neue Daten
Zur Sprache kamen unter anderem Bearbeitungsfehler bei der Erstellung der Teilgebiete und Veränderung dieser aufgrund neuer Daten. So wurden im Projekt Potenziale des unterirdischen Speicher- und Wirtschaftsraumes im Norddeutschen Becken (TUNB) im Januar 2021 stratigrafische 3D-Modelle veröffentlicht, die jetzt für die Standortsuche genutzt werden und zu Änderungen bei den Teilgebieten führen.
Fall Amt Neuhaus
Das bisherig für Niedersachsen benutzte 3D-Modell benutzte Bohrdaten der 1970-80er Jahre und wurde in den 1990er Jahren veröffentlicht. Enthalten waren deshalb keine Daten zur Gemeinde Amt Neuhaus, die 1993 aus Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen wechselte. Das Amt Neuhaus erschien fälschlicherweise deshalb als weiße Fläche und war in keinem Teilgebiet vertreten. Zur Korrektur dieses Bearbeitungsfehlers müssen drei Teilgebiete angepasst werden (004, 005 und 006) – siehe Video 32:54.
Keine vollständige Korrekturliste vorgesehen
Die BGE wird aber keinen vollständige Korrekturliste mit Karten veröffentlichen, sondern dies in eine Plattform zu den Standortregionen integrieren, auf der der Schritt von den Teilgebieten aus dem Zwischenbericht zu den nach § 14 Abs. 2 StandAG von der BGE vorzuschlagenden Standortregionen nachvollziehbar dargestellt werden sollen – siehe Video 1:14:57.
Zusagen zur Fehlerdokumentation auf der Zweiten Statuskonferenz
Am 26./27.11.2021 fand die traditionelle Atommülltagung in LOCCUM statt – dieses Mal aufgrund der Pandemielage als Online-Veranstaltung. Als jemand, der regelmäßig die Veranstaltungen um die Endlagerstandortsuche verfolgt, konnte endlagerdialog.de nichts wirklich Neues entdecken.
BGE zur Eingrenzung der Teilgebiete auf die Standortregionen
Die Vorstellungen der BGE zur Eingrenzung der Teilgebiete auf schließlich die etwa 20 Standortregionen waren schon in diversen Postern kommuniziert worden – siehe z. B. hier und hier. Für Neueinsteiger war dies eine Möglichkeit, mit den angedachten Methoden vertraut zu werden, die Teilnehmer*innen der 2. Alternativen Statuskonferenz haben in der AG 1 schon eine kritische Einschätzung dazu präsentiert bekommen.
Forschung bei der BGE
Zur Forschung der BGE wurde im Wesentlichen vorgetragen, was bereits unter Endlagersuche>Forschung>Aktuell laufende Forschungsvorhaben der Standortauswahl nachzulesen ist. Interessant war lediglich ein vom Finanzrahmen kleines Vorhaben, das sich mit der Wirkung von mehrfachen Eisüberfahrungen über einen Salzstock befasst. Dieses ist leider auf der oben genannten Internetseite nicht zu finden. Es stellt sich die Frage, ob das eine Erweiterung der Parameterstudie zur Gletscherüberfahrung und Integrität eines Salzdiapirs – GRS 309 ist, in der festgestellt wurde:
Die Berechnungen zeigen, dass die Integritätskriterien (Minimalspannungskriterium und Dilatanzkriterium) während des Herannahens eines Gletschers verletzt werden können. Die Möglichkeit einer Verletzung der Integritätskriterien steigt mit zunehmender Gletschermächtigkeit und mit zunehmender Gletschergeschwindigkeit.
Hingewiesen wurde auch auf die Forschungsaufrufe, wo aber zurzeit kein aktueller Aufruf läuft.
Seit Monaten wird über Beteiligung diskutiert, ohne dass die Verständlichkeit der bisherigen Arbeiten der BGE endlich angestrebt wird. Allein das Land Mecklenburg-Vorpommern hat sich da ein wenig bemüht, der gesetzlichen Forderung nach umfassender und systematischer Information der Öffentlichkeit gerecht zu werden. Von Nachvollziehbarkeit kann nicht einmal im Hinblick auf Expert*innen gesprochen werden, da selbst heute – fast 14 Monate nach Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete – noch fast die Hälfte aller von der BGE als entscheidungserheblich bezeichneten Schichtenverzeichnisse nicht öffentlich zugänglich sind.
Weiterhin fehlen die konkreten Basisdaten der verwendeten 3D-Modelle, ganz zu schweigen von den Laborjournalen zu den konkreten Schritten, die die BGE zu den Teilgebieten geführt haben. So wurden alle benutzten Daten, die zu einer Negativentscheidung geführt haben, nicht als entscheidungserheblich eingestuft.
Erstaunliche Passage in der Dokumentation zur Beteiligungsveranstaltung
Die naturwissenschaftlichen Sachverhalte der Standortauswahl sind komplex. Eine gute Aufbereitung der Inhalte für interessierte Laien und gute Dialogformen müssen zusammenwirken, damit die Beteiligung der Öffentlichkeit gelingt. Schwächen bei der inhaltlichen Aufbereitung können nicht durch noch intensivere Beteiligungsformate ausgeglichen werden. Der Austausch kann aber helfen, Lücken der Informationsvermittlung zu identifizieren.
Das BaSE hat die Schwächen auf die Spitze getrieben
Bisher sind die Schwächen kaum aufgegriffen worden. Die Fachkonferenz Teilgebiete hat sich eher auf einer Metaebene bewegt. Das wurde insbesondere im Nachgang durch das BaSE auf die Spitze getrieben, indem es in unkooperativer Weise den Beschluss der Fachkonferenz zum Fachforum Teilgebiete durch einen Gegenvorschlag torpediert hat.
Der massive Einfluss des BaSE konnte ein wenig zurückgedrängt werden
In der neuesten Ausgabe der BGE-einblickegeht es um das Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Im Artikel Es geht um Bürgerbeteiligung – Wir müssen reden (Seiten 5-7) wird unter anderem die Partizipationslücke nach der Fachkonferenz Teilgebiete benannt. Schon der Blick auf die Abbildungen verwirrt: Als Endlagerbehälter sind die gelben Atomfässer zu sehen, die für einen Teil der schwachaktiven Abfälle benutzt werden. Für hochradioaktiven Abfall sind sie aber vollkommen ungeeignet. Hier wird ein falsches Bild suggeriert.
Geologische Kontroverse fehlt
Einige Kontroversen werden im Artikel aufgegriffen. Was fehlt ist die konkrete Befassung mit der wissenschaftlichen Basis – nämlich der Geologie. Der Autor Michael Prellberg hätte sich da zum Beispiel das Augustheft der Zeitschrift anti atom aktuell (gut 70 Seiten mit eingelegter Stratigraphischer Handtabelle, 4 EUR) ansehen sollen. Im Artikel von G aus K mit dem Titel Pseudo-Geologie als Waffe des Atomstaats – Endlos-Lagerung wird einiges bei der geologischen Herangehensweise in Frage gestellt.
Anlässlich der gestrigen Übergabe der Ergebnisse der Fachkonferenz Teilgebiete veröffentlichte das BMU eine Pressemitteilung mit der Headline Endlagersuche erreicht erstes Etappenziel der Öffentlichkeitsbeteiligung. Schon das verwendete Symbolbild führt in die Irre: Es geht im Standortauswahlverfahren um hochradioaktive Abfälle, die nicht in gelben Fässern – wie abgebildet – gelagert werden. Diese euphorische BMU-Mitteilung wird durch eine ebenfalls unkritische Pressemitteilung des BaSE ergänzt, in der im Untertitel zu lesen ist BASE-Präsident König lobt Start der Öffentlichkeitsbeteiligung. Erwähnt wird zum Beispiel nicht, dass das BaSE durch Installation eines Notariats ohne Notar*in versucht hat, die Fachkonferenz zu reglementieren.
Mitteilungen der BGE und des NBG
Die Mitteilung der BGE fällt da schon wesentlich sachlicher aus. Der Begriff Öffentlichkeitsbeteiligung wird nicht benutzt. Das NBG hat zum gestrigen Anlass nichts veröffentlicht. Es sei aber erinnert an die kritische Pressemitteilung vom 16.06.2021. Aber auch hier wird mitgeteilt: Die formelle Öffentlichkeitsbeteiligung im Standortauswahlverfahren schreitet voran.
Kritische Pressemitteilung des BUND e. V.
Der BUND e. V., der als letzter Umweltverband sich bis zum zweiten Beratungstermin der Fachkonferenz eingebracht hat, dann aber unter Protest das Verfahren vorerst verlassen hat – Gründe siehe hier -, sieht das bisherige Verfahren in seiner Pressemitteilung sehr kritisch. Hier steht die Forderung: Auch bei der Öffentlichkeitsbeteiligung muss sich in Zukunft Grundsätzliches ändern.
Begriff Öffentlichkeitsbeteiligung im StandAG
Der zentrale Begriff Öffentlichkeitsbeteiligung wird hier im Zusammenhang mit dem Auswahlverfahren nach StandAG benutzt. Diese Vokabel wird aber in der Gesetzesbegründung (Drucksache 18/11398, Seite 51) explizit definiert. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sind danach lediglich die Instrumente der §§ 5 bis 7 StandAG. Inbegriffen sind nicht die neuen Beteiligungsinstrumente wie Fachkonferenz Teilgebiete (§ 9), Regionalkonferenzen (§ 10) und Fachkonferenz Rat der Regionen (§ 11). Danach ist also mit Abschluss der Fachkonferenz Teilgebiete lediglich ein sog. neues Beteiligungsinstrument mehr schlecht als recht umgesetzt worden. Öffentlichkeitsbeteiligung nach insbesondere § 7 mit Stellungnahmeverfahren/ Erörterungstermine hat bisher noch nicht stattgefunden. Ein solches Verfahren ist in den nächsten Jahren auch nicht zu erwarten, denn der § 7 wird erstmals nach Abschluss der Beratungen der Regionalkonferenzen über die Standortregionen wirksam werden.
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