Von der Entdeckung der Radioaktivität bis Fukushima
Im ZDF Magazin Royale vom 19.03.2021 wurde zu später Stunde das Atomproblem verhackstückt – siehe hier ab 10:39 (abrufbar bis 20.06.2021). In einem Affentempo ging es eingangs vom Jahr 1896, Entdeckung der Radioaktivität durch Becquerel, bis zum Jahr 2011, Kernschmelze im Atomkraftwerk Fukushima. Und das alles mit politischen Hintergrundinformationen in fünf Minuten.
Die deutschen Endlagerstories
Bei 15:06 landete man beim Atommüll, ab 21:10 bei den deutschen Endlagerstories inklusive Standortsuche und Atomsemiotik. Bei 26:52 wird eine Punktlandung bei der BGE hingelegt, angebunden bei Herrn Stefan Studt, Geschäftsführer der BGE, und an seine Sachkompetenz als Jurist für Steuerrecht.
Edvard Munchs Schrei wir zur Trilogie
Zum Kunstwerk wird der Auftritt des Comedian Jan Böhmermann mit den zeitweise vermissten Brennelementekugeln aus dem Forschungsreaktor Jülich. Damals war zuständig NRW-Forschungsministerin Frau Svenja Schulze, heute beruflich tätig als Bundesumweltministerin und damit auch verantwortlich für nukleare Sicherheit. Der Schrei von Edvard Munch wird zur Trilogie – 10:30, 25:22 und 28:30.
Und es gibt viel mehr zum Schreien
Und dabei gibt es noch viel mehr zum Schreien. Warum stellt sich Herr Studt hin und behauptet, die BGE komme bei der Endlagersuche gut voran, während die Mitarbeiter*innen vor Belastung stöhnen und einfache Nachfragen zum Zwischenbericht Teilgebiete erst nach vier Monaten beantwortet werden? Seit dem 23.02.2021 ist die Bereichsleitung Standortauswahl im Organigramm mit N.N. gekennzeichnet. Wieso ist der bisherige Bereichsleiter abhanden gekommen? Eine Frage, die in einem transparenten Standortauswahlverfahren – so § 1 Abs. 2 StandAG – beantwortet werden sollte.
Hilft Schreitherapie a la Böhmermann?
endlagerdialog.de kommt aus dem Schreien kaum noch raus! Vielleicht hilft ja die Schreitherapie a la Böhmermann auch bei mir. Aufräumen müssen andere mit mehr Einfluss – wie zum Beispiel das NBG.
Am 02. und 04.03.2021 veranstaltete das Umweltministerium Sachsen-Anhalt eine Videokonferenz mit dem Titel Dialoggespräch „Standortsuche – Und was bedeutet das für Sachsen-Anhalt“. In seinem Beitrag sprach der Leiter der Abteilung Geologischer Dienst im Landesamt für Geologie und Bergwesen, Herr Ehling, von rezenten Spannungsfeldern insbesondere in der Altmark. In einem anschließenden Pressetreffen konnte endlagerdialog.de aus wissenschaftsjournalistischer Sicht dazu noch einige Fragen stellen. Die gegenwärtigen Spannungsfelder seien insbesondere in der Nähe von jungen Salzstöcken zu beobachten. Diese sind daran zu erkennen, dass sie lediglich mit Material aus dem Quartär überdeckt sind. Bohrungen in den Randsenken haben sich hier wegen der Spannung im Gebirge als schwierig herausgestellt.
Tertiäre Tongesteine nach BGE potenzielle Endlagergesteine
Auf einer Pressekonferenz am 02.03.2021 zum 10. Jahrestag Fukushima: Wie steht es weltweit um die Atomkraft? äußerte sich der Präsident des BaSE auf eine Frage einer Journalistin zum laufenden Standortauswahlverfahren. Auf YouTube bei 38:50 formuliert er:
Im nächsten Schritt wird es jetzt sozusagen eine Revision geben im Sinne, dass die Anmerkungen, Kritik aus diesem Bürgerbeteiligungsprozess in diesen Prozess einfließen, und am Ende dieses Prozesses wird es eine Reduzierung auf sogenannte Standortregionen geben, in denen dann sozusagen vertiefende Untersuchungen vorbereitet werden sollen…
Bis 41:20 folgen weitere Aussagen zum laufenden Verfahren. Es lohnt, sich diese knapp drei Minuten anzuhören.
Der Zwischenbericht Teilgebiete ist nun schon gute vier Monate alt. Kurz nach Veröffentlichung war endlagerdialog.de noch der Hoffnung, dass eine didaktische Aufbereitung des Berichts erfolgt – siehe hier auf Seite 11 unten:
Vom Inhalt des Berichts abgesehen sind Sie auch mit dessen Form nicht einverstanden. Warum?
Zielgruppe ist doch die Öffentlichkeit, wie immer betont wird. Dann muss man die Fakten auch lesbar und verständlich aufbereiten. Das fehlt vollständig, ebenso eine angemessene grafische Darstellung, wie sie auch Wissenschaftler*innen für ihre Arbeit benötigen – es wühlt doch niemand mehr in Tabellen rum. Die Darstellungen im Bericht sind zwar bunt, aber man kann damit keine einzige Fragestellung verfolgen.
Was ist das in Ihren Augen: Absicht oder Unvermögen?
Ich nehme erst einmal Unvermögen an. Die Ergebnisse sollten nach dem Abschluss der wissenschaftlichen Arbeit möglichst schnell veröffentlicht werden, damit sie nicht unkontrolliert in die Öffentlichkeit sickern. Eine didaktische Überarbeitung hätte einige Zeit in Anspruch genommen, hätte auch einen Test durch interessierte Lai*innen erfordert. Ich hoffe, das wird jetzt kurzfristig nachgeholt.
Allein der BUND e.V. hat zu internen Zwecken eine Lesehilfe erstellt
Eine didaktische Überarbeitung hat bisher weder die BGE noch das BaSE in Angriff genommen. Allein der BUND e.V. hat zu internen Zwecken eine Lesehilfe erstellen lassen. Nach der im StandAG festgelegten Rollenverteilung ist dafür nach § 5 StandAG das BaSE zuständig, wo eine ganze Abteilung – ÖB: Öffentlichkeitsbeteiligung – dafür existiert. Der Hinweis in § 9 Abs. 2 wird offensichtlich vom BaSE als Ausrede genutzt, um selbst nicht aktiv werden zu müssen.
Die Fachkonferenz Teilgebiete erörtert den Zwischenbericht des Vorhabenträgers nach § 13 Absatz 2 in höchstens drei Terminen innerhalb von sechs Monaten. Hierzu erläutert der Vorhabenträger den Teilnehmern der Fachkonferenz Teilgebiete die Inhalte des Zwischenberichts….
BaSE in Selbstbedienungsmanier, keine geologischen Fachkenntnisse
Das BaSE verweigerte sogar Finanzmittel für BGE-unabhängige Expertisen. In Selbstbedienungsmanier hat das Amt die Geschäftsstelle Fachkonferenz installiert – die erst nachträglich durch das BMU abgesegnet wurde – und ausschließlich mit eigenem Personal ohne notwendige geologische Kenntnisse besetzt. Die lange im Vorfeld vom BaSE beauftragte Moderation der Fachkonferenz zeigte keinerlei Fachkenntnis. Ein Wechsel war angeblich nicht möglich. Offensichtlich war auch eine Vorbereitung nach dem Desaster der Auftaktveranstaltung am 17./18.10.2020 nicht angesagt. Es wäre hilfreich gewesen, den Moderator*innen geologische Grundbegriffe beizubringen, dafür zu sorgen, dass sie den Zwischenbericht lesen, zu 90 % verstehen und eine Einführung in die Atomcommunity bekommen. Durchaus angebrachte selbstkritische Aspekte sind der BaSE-Pressemitteilung leider nicht zu entnehmen.
Untersetzende Unterlagen von der BGE nicht nachvollziehbar präsentiert
Vom Vorhabenträger – der BGE – wäre aber auch zu erwarten gewesen, dass die untersetzenden Unterlagen inklusive Datengrundlagen zum Zwischenbericht in nachvollziehbarer Weise präsentiert werden. Auch dies ist leider nicht geschehen – siehe hier. Es wurden zwar viele Fragen eingesammelt, viele Antworten stehen jedoch noch aus. Positiv ist zu erwähnen, dass alle Unterlagen in einem Unterverzeichnis stehen. Dies ermöglicht eine Google-Suche in allen Unterlagen mit
Im Konkreten scheitert das aber oft an Worttrennungen und nicht konsistenter Schreibweise.
Schichtenverzeichnisse ohne Gliederung nach Bohrungen abgelegt
Die Unterlagen sind nicht so geordnet, dass eine Nachvollziehbarkeit mit vertretbarem Aufwand möglich ist. So sind Schichtenverzeichnisse in Datenbericht Teil 3, Tabelle 11 bis 76 ohne Gliederung nach Bohrungen abgelegt und die Schichtenverzeichnisse, die nur als PDF vorlagen, in Anhängen ausgegliedert.
Veröffentlichung der Geologiedaten wenig transparent
Bisher nicht zugängliche Daten werden in neuen Versionen der Datenberichte veröffentlicht. Die alten Datenberichte bleiben weiter zugänglich und ermöglichen einen Vergleich. Die Revisionsnummer bleibt jedoch bei 000, eine Revisionsübersicht gibt es nicht. Das Datum Stand wird auch nicht aktualisiert. Der neue Stand ist lediglich einem Hinweis zu entnehmen:
Vorliegender Datenbericht zeigt alle entscheidungserheblichen Daten, die mit Stand 20.01.2021 gemäß den Regelungen und Verfahren nach dem Geologiedatengesetz veröffentlicht werden können.
Für eine tiefere Prüfung des Zwischenberichts Teilgebiete benötigen wir auch die von Ihnen zu den Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen verwendeten Geodaten sowie eine finale Zusammenstellung entscheidungsrelevanter Daten. Wir bitten Sie daher, uns diese Informationen zukommen zu lassen.
Zwar gibt es zu den geowissenschaftlichen Abwägungen in 46A – Datenreferenzen: Teilgebiete gewisse Hinweise, diese reichen offensichtlich jedoch selbst für Fachleute nicht aus. Man kann auf die Antwort der BGE gespannt sein. Daraus sollte sich grundsätzlich ergeben, wie der Workflow ablief und wo welche Daten abgelegt wurden.
Für die Erstellung der Referenzdatensätze wurde wie folgt vorgegangen: 1. Evaluation, für welche der laut StandAG zu betrachtenden geowissenschaftlichen Abwägungskriterien eine literaturbasierte Beurteilung stattfinden soll, da für deren Bewertung noch keine ortsbezogenen Daten vorhanden sind…
Die Ermittlung der erforderlichen geowissenschaftlichen Informationen/Daten, die zur Anwendung der Indikatoren benötigt werden, wurde gespiegelt an den Datenabfragen der BGE zu den Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen, welche bei den zuständigen Stellen der Länder und des Bundes vorgenommen wurden. Zudem wurde abgeschätzt, ob die durch die Abfragen bereitgestellten Daten/lnformationen geeignet sind, die Indikatoren der Abwägungskriterien zu bewerten. Es zeigte sich, dass nur in Einzelfällen zu erwarten ist, dass Daten unmittelbar aus den genannten Abfragen für die Anwendung der Indikatoren verwendet werden können. Die direkte Nutzung der Daten zur Bewertung der Indikatoren ist für etwa 50% nicht und für den Rest nur bedingt möglich.
Ist das unter Evaluation zu verstehen? Aber warum dann auf der Basis der Datenabfragen zu Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen? Wo bleibt dabei die Datenabfrage zu den Abwägungskriterien? Diese Frage wartet seit dem 01.01.2021 auf eine Beantwortung durch die BGE.
Der Versuch eines besseren Zugangs zum Daten-Dschungel
Um selbst besseren Zugang zum Daten-Dschungel des Zwischenberichts zu bekommen, hat endlagerdialog.de versucht, die Unterlagen systematischer anzuordnen. Weiterhin wurden bei wesentlichen Papieren das Deckblatt und das Inhaltsverzeichnis extrahiert und unter (info) zugänglich gemacht.
Teil 1: Datenlieferung und -aufbereitung, Master-Inventarisierungstabellen (info) Teil 2: Bundeslandspezifische Modellierprotokolle, Modellierprotokoll zur Erstellung der Quartärbasis (info) Teil 3: 3D-Modelle, Thematische Karten, Schichtenverzeichnisse, Sonstige entscheidungserhebliche Daten (info) Teil 4: Inventarisierungstabellen, Eingangsdaten zur Quartärbasis, zu Störungen und Atektonische Vorgängen (info)
Am 11./12.02.2021 finden die zweiten Tage der Standortauswahl statt, organisiert von der TU Bergakademie Freiberg. Die Veranstaltung ist kostenpflichtig. Die BGE lässt dazu verlauten:
…vielen Dank für Ihre Rückfrage zu den Teilnahmegebühren zu den Tagen der Standortauswahl 2021.
Ausrichter der diesjährigen Veranstaltung „Tage der Standortauswahl 2021“ ist die TU Bergakademie Freiberg. Eine Teilnahme ist grundsätzlich durch jedermann möglich. Die Rahmenbedingungen orientieren sich an einer wissenschaftlichen Fachtagung, weshalb eine geringe Teilnahmegebühr seitens des Veranstalters notwendig ist.
Gleichzeitig können wir Ihre Sorge um das transparente und partizipative Verfahren nachvollziehen und danken Ihnen für Ihre kritische Rückmeldung. Wir sind stets bemüht, unsere Arbeit möglichst transparent und im Dialog zu kommunizieren. Die Vorträge der BGE am 12.02.2021, am 2. Tag der Veranstaltung, werden daher über den YouTube Kanal der TU Bergakademie Freiberg gestreamt (https://www.youtube.com/user/TUBergakademie) und sind somit für jeden zugänglich – auch ohne Anmeldung zu der Konferenz.
Vor Anmeldung bitte registrieren
Um sich anzumelden, muss man sich erst einmal wie bei einem Onlineshop registrieren. Hat man diese Hürde genommen, geht es nicht weiter. Unter Anmeldung erscheint die Nachricht:
Es stehen keine Artikel entsprechend der Auswahl bereit.
Morgen beginnt der erste Erörterungstermin zum Zwischenbericht Teilgebiete. Einleitend spricht auch die Staatssekretärin aus dem BMU Frau Rita Schwarzelühr-Sutter. Leider ist sie vielen in den Initiativen nicht gerade positiv in Erinnerung. So hat sie auf einer Veranstaltung am 28.03.2014 im Vorfeld der Konstituierung der Endlagerkommission den legendären Appell formuliert, man solle doch endlich Vertrauen haben – siehe hier.
Erarbeiten von Vertrauen und die mangelnde Fehlerkultur
Auf der Auftaktveranstaltung am 17.10.2020 wurde von endlagerdialog.de folgende Frage gestellt – siehe hier:
Gehörte der Salzstock Uchte zu identifiziertem Endlagergestein, warum wurde er nicht zum IG?
Die Frage wurde nicht beantwortet. Sie wurde als zu speziell bezeichnet. Aber auch im Nachgang wurde von der BGE darauf bisher nicht eingegangen.
Master-Inventierungstabellen
Sieht man sich die Unterlagen der BGE und insbesondere den Datenbericht Teil 1 von 4 – Mindestanforderungen gemäß § 23 StandAG und geowissenschaftlichen Abwägungskriterien gemäß § 24 StandAG an, so muss man ab Seite 65 in den Master-Inventierungstabellen nach Potentiellem Wirtsgestein suchen. Eigentlich sollte es nach geologischem Sprachgebrauch eher Potenzielles Wirtsgebirge heißen – siehe Chaudry, S., V. Mintzlaff, et al. (2016). Der Beitrag der Geologie zur Tiefenlagerung hoch radioaktiver Reststoffe, in: U. Smeddinck, S. Kuppler und S. Chaudry (Hrsg.), Inter- und Transdisziplinarität bei der Entsorgung radioaktiver Reststoffe. Der Begriff Uchte kommt dort jedoch nicht vor.
Auf der Sitzung der AG_V am 20.01.2021 – Protokoll hier noch nicht veröffentlicht – wurde auf Anregung aus der Öffentlichkeit zugesagt, dass die bis 04.01.2021 zugesandten Call for Papers veröffentlicht werden. Am 18.01.2021 wurden diejenigen, die Vorschläge eingereicht, haben mit einem Formular zur Einwilligung zur Veröffentlichung konfrontiert. In der Email dazu heißt es:
Wir bitten Sie daher, beigefügtes Formular auszufüllen, zu unterzeichnen bzw. vom Verfasser des durch Sie eingereichten Beitrags ausfüllen und unterzeichnen zu lassen und uns per Post an Geschäftsstelle Fachkonferenz Teilgebiete c/o Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) 11513 Berlin sowie ZUSÄTZLICH VORAB per Email an geschaeftsstelle@fachkonferenz.info zukommen zu lassen. Für eine Rückmeldung bis zum 22.01.2021 wären wir Ihnen dankbar.
Formaljuristisch ist dies überaus korrekt.
Antrag auf Eröffnung eines Zugangs nach § 3a Abs. 1 VwVfG
Das erinnert an einen Antrag auf Eröffnung eines Zugangs nach § 3a Abs. 1 VwVfG von endlagerdialog.de:
Dieser geht zurück auf einen Vorgang, bei dem beim BMU ein Widerspruch per Email erhoben wurde und die Behörde so lange abgewartet hatte, bis die Widerspruchsfrist abgelaufen war, um dann mitzuteilen, dass § 3a Abs. 1 VwVfG nicht eingehalten worden sei und der Widerspruch somit abgelehnt werde. Das BMU hat sich hier ein brillantes Schlupfloch zurechtgebastelt. Das BaSE hat den Antrag auf Eröffnung eines Zugangs nach § 3a Abs. 1 VwVfG in gut zweimonatiger Arbeit als Petition eingestuft und ein Antwortschreiben zugesandt – eigentlich eine ganz witzige Nummer.
Es stellen sich viele Fragen – bis hin zu Boykottambitionen
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