Seit gut vier Monaten liegt der dritte Band der Reihe Nuclear Waste Governance – An International Comparison (Band I, Band II, Band III) auf meinem Schreibtisch. Was sollte nach den gut 800 Seiten in den ersten beiden Bände noch auf weiteren 400 Seiten zu sagen sein? Gibt es jetzt den Gesamtvergleich? Nein, der Vergleich der 26 Länderberichte, wie er in dem Beitrag zum zweiten Band in Aussicht gestellt wurde, ist nicht zu finden. Ein solcher Vergleich ist wohl auch nicht zu leisten.
Der Bürgerdialog Kernenergie wurde 1975 vom Bundesforschungsminister Hans Matthöfer ins Leben gerufen – siehe auch Wikipedia. In diesem Rahmen wurden eine Reihe Veranstaltungen durchgeführt – siehe auch Bundestagsdrucksache 8/4371.
Format Rede/Gegenrede
endlagerdialog.de hat insbesondere immer wieder die Veranstaltung am 15. und 16. Mai 1981 in Lüchow mit dem Titel Zwischenergebnisse zum Salzstock Gorleben angeführt, worüber es einen ausführlichen Tagungsband gibt. Darin sind zum Beispiel das Referat von Jaritz Vorkenntnisse über den Salzstock Gorleben und Gründe für die Annahme als Untersuchungsobjekt und das Ko-Referat von Appel Kenntnisse vor der Auswahl des Salzstockes Gorleben nachzulesen. Damals wurde das Format Rede/Gegenrede umgesetzt, das heute leider nicht mehr üblich ist. In zahlreichen Beiträgen auf endlagerdialog.de wurde das angeführt – siehe hier.
Drei Tage lang veranstaltete die BGE als Vorhabenträger einen Workshop zur Endlagerproblematik. Die ersten beiden Tage waren fachwissenschaftlich geprägt, der dritte Tag, ein Samstag, wandte sich an die interessierte Öffentlichkeit.
Forschungsfeld mit breit gestreuten Akteur*innen
Der fachwissenschaftliche Teil wurde zu einem großen Teil von externen Wissenschaftler*innen geprägt. Das Altersspektrum war breit gefächert und es stellte sich heraus, dass dieses Forschungsfeld offensichtlich keine reine Männerdomäne mehr ist. Das stimmt zuversichtlich. Auch erschien die Herangehensweise pluralistischer als bisher, was über Spin-off-Effekte auch Auswirkungen auf das wissenschaftliche und gesellschaftliche Umfeld haben sollte.
ENTRIA und Einstellungspraxis der BGE
Teilweise ist das wohl auf das Forschungsverbundprojekt ENTRIA und die Einstellungspraxis bei der BGE zurückzuführen. Erinnert sei an das Statement der BGE bei der zweiten NBG-Sitzung:
Frau Heinen-Esser sieht in der Umsetzung der Unabhängigkeit und im Aufbau eines selbsthinterfragenden Systems große Herausforderungen. Konkret wird sie dafür sorgen, dass die ins Standortsuchverfahren einbezogenen GeologInnen sich nur zur Hälfte aus den bisher damit Beschäftigten rekrutieren werden. Die andere Hälfte sollte frisch aus der Ausbildung kommen.
Nach Außenwahrnehmung hat die BGE dieses Ziel erreicht, wenn nicht übererfüllt.
Nach IFG-Antrag vom 24.09.2019 sind jetzt endlich die Ergebnisvermerke zu den Sitzungen der Expertengruppe zu den Verordnungen nach §§ 26 und 27 StandAG zugänglich – siehe hier (PDF 112 MB).
Die Arbeit der Expertengruppe zog sich über zwei Jahre hin, es waren 21 Sitzungen angesetzt. Eine davon ist nach Angabe des BMU ausgefallen. Die Unterlagen zu den einzelnen Sitzungen beginnen auf folgenden PDF-Seiten:
Sitzung Nr.
Datum
PDF-Seite
1
11.05.2017
1
2
29.06.2017
11
3
19.07.2017
40
4
08.09.2017
81
5
13.10.2017
89
6
09.11.2017
116
7
14.02.2018
122
8
21.03.2018
143
9
20.04.2018
184
10
17.05.2018
241
11
06.06.2018
250
12
28.09.2018
257
13
19.10.2018
310
14
07.11.2018
317
15
07.12.2018
ausgefallen
16
25.01.2019
325
17
08.02.2019
332
18
22.02.2019
338
19
15.03.2019
370
20
12.04.2019
376
21
02.05.2019
382
Nun kann die Arbeit zur Nachvollziehung der Beratungen der Expertengruppe beginnen. Sinnvoll wäre es gewesen, diese Unterlagen im Vorfeld des BMU-Symposium am 14./15.09.2019 zu veröffentlichen. Die Öffentlichkeit – auch die Fachöffentlichkeit – wurde jedoch nur mit dem Endergebnis konfrontiert. Transparenz sieht anders aus.
Zwischenbericht Teilgebiete und nicht hinreichende Daten
Die BGE hat für das vierte Quartal 2020 die Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete angekündigt. Somit stellt sich die Frage, in welcher Weise der bekannte Standort Gorleben in diesem Zwischenbericht dort auftauchen wird.
Der Zwischenbericht Teilgebiete hat zwei Ziele: Benennung von
Teilgebieten, die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle erwarten lassen und
Regionen, die aufgrund nicht hinreichender geologischer Daten nicht eingeordnet werden können.
Da die Region um Gorleben zu den bestuntersuchten Regionen Deutschlands gehört, ist auszuschließen, dass hier die geologischen Daten nicht zur Einordnung ausreichen.
Ist ein Standort als Teilgebiet möglich?
Weiterhin stellt sich die Frage, ob sich der Zwischenbericht Teilgebiete mit dem Standort Gorleben befassen wird, da es ja ein Standort und kein Teilgebiet ist. In § 2 Nr. 6 StandAG ist erst einmal der Begriff Gebiet definiert. Gebiet ist ein räumlicher Bereich innerhalb Deutschlands, der hinsichtlich der Eignung als Endlagerstandort zu bewerten ist. Das Gebiet umfasst die übertägige Fläche und die darunterliegende Gesteinsformation.
Hatte die Endlagerkommission noch empfohlen, die Verordnungen nach §§ 26 und 27 StandAG mit Beteiligung der Öffentlichkeit zu erarbeiten – siehe Drucksache 18/9100, S. 398 -, sprach das BMU auf der 2. Statuskonferenz wiederholt davon, dass die Öffentlichkeit freiwillig einbezogen worden wäre. Sicher – die Endlagerkommission konnte nur Empfehlungen aussprechen. Und die Empfehlung wurde in diesem Fall nicht umgesetzt.
Glitzernde Begriffe wie Symposium und Dialog
Was das BMU veranstaltet und mit glitzernden Begriffen wie Symposium und Dialog geschmückt hat, war höchstens eine Anhörung und keine Öffentlichkeitsbeteiligung, wie sie im Verwaltungsverfahrensgesetz kodifiziert ist. Und noch lange nicht eine Erarbeitung mit Beteiligung der Öffentlichkeit, wie von der Kommission empfohlen.
Am 14./15.11.2019 fand die zweite Statuskonferenz statt. Terminiert war sie in der Arbeitswoche und richtete sich an die Fachöffentlichkeit. Ein sogenanntes Bürgerforum soll laut BfE am 25.01.2020, einem Samstag, veranstaltet werden. Näheres ist noch nicht bekannt und selbst der Termin ist noch nicht im BfE-Kalender verzeichnet.
Livestream und anderes
Groß angekündigt wurde ein Livestream, der aber nur zu bestimmten Zeiten aktiv war und lediglich das Rahmenprogramm im Plenum umfasste. Die wesentlichen Aktivitäten fanden aber in parallelen Foren statt. Der Livestream war nicht zeitversetzt abrufbar und steht zurzeit auch nicht zur Verfügung. Es ist zu hoffen, dass wenigstens diese dünne Dokumentation bald veröffentlicht wird. Zur Erinnerung: Bei der ersten Statuskonferenz aufgezeichnete Videos konnten erst mehrere Wochen später abgerufen werden. Die zusammenfassenden Berichte aus den Foren waren inhaltlich wenig hilfreich. Aber selbst diese sind zurzeit nicht verfügbar, obwohl sie vorliegen. Das Gleiche gilt für die Präsentationen.
Durchsucht man die einschlägigen Jobangebote im Bereich Radioaktive Abfälle, so stößt man auf die zahlreichen Inserate zum Projekt TRANSENS, ein vom BMWi finanziertes Drittmittelprojekt mit der vollständigen Bezeichnung Transdisziplinäre Forschung zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland. Das BMWi gibt im Internet keine Auskunft darüber, aber die Datenbank EnArgus.
Nach dieser Quelle läuft das Projekt vom 01.10.2019 bis 30.09.2024 und besteht aus zehn Teilprojekten. Das gesamte Finanzierungsvolumen beträgt 10.913.089,00 EUR. Leider gibt es keine ausführliche Projektbeschreibung. Eine entsprechender IFG-Antrag wurde gestellt.
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